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Elektrizität: Schlüssel zu einem nachhaltigen und klimaverträglichen ...

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1.2–c Systemaspekte <strong>und</strong> Handlungsbedarf<br />

128<br />

Das Stromnetz muss den neuen mit dem Ausbau der fluktuierenden Energiesysteme <strong>und</strong> dem erwünschten<br />

europaweiten Stromhandel entstehenden Bedingungen angepasst werden. Unmittelbarer Handlungsbedarf<br />

besteht bei der Nachrüstung von Wind-Altanlagen, der Anpassung von Netzanschlussbedingungen <strong>und</strong> insbesondere<br />

den planungs- <strong>und</strong> genehmigungsrechtlichen Vorausset<strong>zu</strong>ngen für den Ausbau des Stromnetzes. Weiter<br />

sollte die Einbeziehung von Windanlagen in die Netzbetriebsführung (Einspeisemanagement, Beteiligung an<br />

Bereitstellung von Regelleistung, verbesserte Netzstüt<strong>zu</strong>ng in kritischen Situationen) rechtlich ermöglicht <strong>und</strong><br />

technisch umgesetzt werden. Schließlich muss der Netzausbau im europäischen Verb<strong>und</strong> forciert werden.<br />

Möglichkeiten der Realisierung von großtechnischen Speichermöglichkeiten müssen weiter erforscht werden.<br />

In diesem Zusammenhang empfiehlt sich ein Blick auf potenzielle Szenarien, in denen die Bereitstellung der<br />

für eine hohe Versorgungssicherheit erforderlichen Reserveleistung weitestgehend ohne konventionelle<br />

Kraftwerke, also durch einen Mix aus erneuerbaren Energiesystemen erfolgen würde. Solch ein Mix würde in<br />

(Nord-)Deutschland im Zeitraum bis 2050, aber wohl auch darüber hinaus, vor allem von der stark<br />

fluktuierenden Windkraft 13 dominiert werden, selbst wenn langfristig ein möglichst hoher Beitrag von zeitlich<br />

steuerbaren, nicht-fluktuierenden Wasserkraft-, Biomasse- <strong>und</strong> Geothermiekraftwerken realisiert werden<br />

würde. Um die erforderliche Versorgungssicherheit <strong>zu</strong> gewährleisten, können zwei extreme Möglichkeiten<br />

diskutiert werden: Entweder müsste in solchen Szenarien die Netzkapazität für den Stromtransport in die<br />

betrachtete (Groß-)Region so ausgelegt werden, dass <strong>zu</strong> Schwachwindzeiten deren nahe<strong>zu</strong> gesamter<br />

Strombedarf aus anderen Regionen gedeckt werden kann, oder, im anderen Extrem, müsste die Kapazität<br />

der Windkraftanlagen so erhöht werden, dass die Versorgung der Region auch bei Schwachwind<br />

sichergestellt ist, was eine massive Überkapazität an Windturbinen bedeutet. In windstarken Zeiten würde<br />

dies natürlich <strong>zu</strong> entsprechend großer Überproduktion von Strom führen (ein Phänomen, das in Ansätzen<br />

mitunter bereits beim jetzigen Ausbaustand eintritt <strong>und</strong> sogar schon negative Strompreisen bewirkt hat). Soll<br />

z.B. 50% der deutschen Netzhöchstlast mit Windkraft <strong>zu</strong> allen Zeiten sichergestellt werden, so würde bei<br />

Starkwind die Überkapazität das bis <strong>zu</strong> Siebzehnfache 14 dieser Netzhöchstlast betragen müssen, wenn die<br />

heutige Versorgungssicherheit beibehalten werden soll 15 . Das wäre offensichtlich mit extremen Investitionen<br />

in die Windkraftanlagen, aber auch in das Übertragungsnetz verb<strong>und</strong>en, denn der größte Anteil des bei<br />

Starkwind überschüssigen Stroms müsste, da es nicht sinnvoll wäre, ihn durch Leerlaufstellung der<br />

Turbinenblätter „weg<strong>zu</strong>werfen“ (d.h. nicht <strong>zu</strong> erzeugen), aus der Erzeugungsregion heraus transportiert<br />

werden, soweit in ihr keine hinreichenden Stromspeicher existieren (was wohl noch lange der Fall sein wird)<br />

oder zeitlich dem fluktuierenden Windangebot anpassbare Lasten wie z.B. Wasserstoff-Erzeugung 16 oder<br />

auch elektrische Raumhei<strong>zu</strong>ng bzw. -kühlung (Wärmpumpe) bestehen werden 17 . Mit wachsendem Anteil<br />

nicht-fluktuierender Stromerzeugungssysteme <strong>und</strong>, wenn sie technisch realisierbar werden sollte, wesentlich<br />

13 Bei einer installierten Windkapazität von 21.500 MW schwankte im Jahr 2006/7 die erzeugte Windleistung bei einer Durchschnittsleistung<br />

von 4.430 MW zwischen maximal ca. 18.000 MW (für einige St<strong>und</strong>en um den 15.3.2007) <strong>und</strong> minimal 380 MW (für einen<br />

<strong>zu</strong>sammenhängenden Zeitraum vom 6. bis 10. Juni 2006). Schwachwindperioden (Erzeugung unter 5% der installierten Windkapazität)<br />

umfassten kumuliert ca. 50-60 Tage, d.h. ca. 15% der Periode (Daten vom 1.4.2006 – 31.3.2007: Deutsche ÜNB).<br />

14 Bei einer angenommenen <strong>zu</strong>künftigen Netzhöchstlast in Deutschland von ca. 87.500 MW <strong>und</strong> <strong>einem</strong> Beitrag der Windkraft von<br />

40.000 MW würde eine 17-fache Überkapazität erforderlich sein, d.h. je 1000 MW geforderter Leistung wären 17.000 MW Windkraftanlagen<br />

erforderlich. Quelle: Prof. Th. Hartkopf, TU Darmstadt.<br />

15 Zum Vergleich: Dieser Faktor beträgt im konventionellen Energiesystem ca 1,3 -1,4. Beispielsweise betrug <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Jahreshöchstlast<br />

von 76,7 GW am 15.12. 2005 die gesamte inländische Kraftwerksleistung 110,4 GW. Abzüglich interner benötigter<br />

Leistung des Kraftwerkssystems, Ausfällen, Revisionsabschaltungen <strong>und</strong> Reserve für Systemdienstleistungen betrug die gesicherte<br />

Leistung 82,7 GW. Quelle: DENA.<br />

16 Dieser Wasserstoff entspräche einer chemischen Speicherung der elektrischen Energie <strong>und</strong> könnte dann z.B. im Transportsektor für<br />

Brennstoffzellenantriebe genutzt oder auch in das Erdgasnetz eingespeist werden könnte <strong>und</strong> damit den Verbrauch fossilen Erdgases<br />

reduzieren helfen (Quelle: s. Fußnote 14).<br />

17 Die gelegentlich vorgeschlagene Nut<strong>zu</strong>ng des Überschussstroms für (Nacht-) Stromspeicherhei<strong>zu</strong>ngen bietet sich erst an, wenn der<br />

Anteil CO2-freier Stromerzeugung auch in (den überwiegenden) Zeiten schwacher Windstromerzeugung hoch genug ist, solche<br />

Hei<strong>zu</strong>ngen klimapolitisch akzeptabel <strong>zu</strong> machen. Andere Speichermöglichkeiten (z.B. Druckluftspeicher) sind technisch <strong>und</strong><br />

wirtschaftlich noch nicht absehbar (s. Kapitel III.2).

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