4. Mit einem Fuß im Gefängnis? –<strong>Gesetzliche</strong> <strong>Bestimmungen</strong>wohl fast alle normalerweise in Frage kommenden Fälle derAufsichtspflichtverletzung fallen.Während bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit der Jugendleiter selbst voll für einenSchaden haftet, kann er im Falle einer leichten Fahrlässigkeit verlangen, dass er vomTräger der Veranstaltung/Freizeit oder - bei Hauptamtlichen – vom Arbeitgeber vonder Haftung “freigestellt” wird, d.h. dieser anstatt des Jugendleiters den Schadenübernehmen muss. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dassJugendleiter, da sie mit besonders gefahrträchtigen Aufgaben betraut werden(Beaufsichtigung von Minderjährigen), letztlich nicht mit Schadenersatzansprüchenbelastet werden können, die ihre Ursache gerade in der besonderen Gefahr derübertragenen Aufgabe haben. Dies gilt besonders dann, wenn der Jugendleiterehrenamtlich tätig war. Dieser von den Arbeitsgerichten ursprünglich für dieArbeitswelt entwickelte Grundsatz der „gefahrgeneigten Arbeit“ gilt, so derBundesgerichtshof in einem Urteil vom 5.12.1983 (VersR 1984, 281), auch für denBereich der verbandlichen und offenen Jugendarbeit.Der Bundesgerichtshof unterscheidet bei den o.g. Grundsätzen der gefahrgeneigtenArbeit, die zwischenzeitlich auf alle Tätigkeiten ausgedehnt wurden, die imZusammenhang mit der Arbeit stehen, nicht nur zwischen leichter und groberFahrlässigkeit bzw. Vorsatz, sondern er führt auch den Begriff der mittlerenFahrlässigkeit ein. Sobald mittlere Fahrlässigkeit vorliegt, ist gem. BGH der Schadenim Zweifel zu teilen. Da aber auch die Höhe des Schadens im Verhältnis zumVerdienst des Jugendleiters betrachtet werden muss (d.h. ein Jugendleiter, der nureine sehr geringe Aufwandspauschale erhält, kann nicht zugemutet werden, dass ereinen Schaden bezahlen muss, an dem er lebenslang abbezahlt), besagt diegenannte Rechtssprechung letztlich nur, dass bei jedem Schadensfall sehr genauauf die Umstände des Einzelfalls eingegangen werden muss. (Dieser letzte Absatzwurde erstellt von Gerd Ralf, KJR-Vorstand)3.3. Möglichkeit von Haftungsausschlüssen im “Kleingedruckten”Es ist rechtlich möglich, vertraglich die Schadenshaftung des Vereines bzw. derJugendorganisation gegenüber den Eltern wegen Verletzungen der Aufsichtspflichtzu beschränken. Geschieht dies z.B. auf dem Anmeldeformular zu einem Vereinoder im “Kleingedruckten” der Ausschreibung zu einer Ferienfahrt, so kann aberlediglich die Haftung für die Fälle einer Aufsichtspflichtverletzung infolge leichterFahrlässigkeit ausgeschlossen werden. Die Haftung für Schäden aufgrund groberFahrlässigkeit und Vorsatz des Jugendleiters kann nicht beseitigt werden.Dabei ist allerdings zu bedenken, dass der Jugendverband im Rahmen derÜbernahme der Aufsichtspflicht ein besonderes Vertrauen der Eltern in Anspruchnimmt, ja teilweise geradezu damit wirbt, dass die Kinder dort besonders “gutaufgehoben” sind und qualifiziert betreut werden. Dazu würde es im krassenGegensatz stehen, wenn der Verband dann, quasi durch die Hintertüre und ohnedass dies von den Eltern auf den ersten Blick erkannt werden kann, seine Haftung01.03.2008 4/30
4. Mit einem Fuß im Gefängnis? –<strong>Gesetzliche</strong> <strong>Bestimmungen</strong>gerade für die häufigsten Fälle einer denkbaren Pflichtverletzung ausschließenwürde. Zudem lassen sich diese Fälle einer Haftung ja problemlos versichern, sodass auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten kein Anlass für einen derartigenHaftungsausschluss besteht.Insoweit wäre denkbar, entsprechendes musste bislang von den Gerichten abernoch nicht überprüft werden, dass ein derartiger Haftungsausschluss als sog.“überraschende Klausel” eingestuft würde und damit unwirksam wäre. Dabei handeltes sich um ungewöhnliche Klauseln, mit denen der Vertragspartner nicht rechnenmuss und die daher einen gewissen Überraschungs- oder Überrumpelungseffekthaben.Praktisch unmöglich wird es dagegen sein, die Haftung gegenüber Dritten wegenSchäden durch den Aufsichtsbedürftigen (§ 832 BGB) zu beschränken. Diesscheitert daran, dass der Personenkreis möglicher Geschädigter im vorhinein kaumbestimmt bzw. eingegrenzt werden kann.3.4. Strafrechtliche FolgenDie bloße Verletzung der Aufsichtspflicht, ohne dass es zu einem Schaden kommt,zieht in der Regel, mit Ausnahme des Tatbestandes des § 170 d StGB, keinestrafrechtlichen Konsequenzen nach sich. Erleidet der Aufsichtsbedürftige dagegeneinen Schaden, kann sich der Jugendleiter, neben einem evtl. Schädiger nach dengenannten Grundsätzen wegen Vorsatz-, Fahrlässigkeits-oder Unterlassungsdeliktenstrafbar machen (vgl. ausführlich A-Z Strafrecht).3.5. Dienst- und arbeitsrechtliche FolgenDie Verletzung einer (arbeits-)vertraglich übernommenen Aufsichtspflicht kann, jenach der Schwere der Pflichtverletzung, disziplinare Maßnahmen des Arbeitgebersnach sich ziehen. Diese reichen von der bloßen Ermahnung bis hin zu einerfristlosen Kündigung, der aber in der Regel eine Abmahnung wegen desselbenVerhaltens vorauszugehen hat. Die Reaktion des Arbeitgebers hat dabei in einemangemessenen Verhältnis zu Art und Schwere der Verfehlung des Mitarbeiters zustehen. Dies sowie die Rechtmäßigkeit einer evtl. Kündigung wäre ggf. vor denArbeitsgerichten zu klären.Ehrenamtliche Betreuer und Jugendleiter haben insoweit wenig zu befürchten. Imschlimmsten Fall kommt ein Ausschluss aus dem Verein oder der Organisation inBetracht.01.03.2008 4/31