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Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

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im 6. Familienbericht der B<strong>und</strong>esregierung, Deutscher B<strong>und</strong>estag 2000). Hierunter versteht<br />

man temporäre Migrationen oder Pendelmigrationen zwischen mehreren Ländern, z.B. dem<br />

Aufnahme- <strong>und</strong> Herkunftsland. Insbesondere die EU-Freizügigkeit, aber auch die zunehmende<br />

Einbürgerung ermöglicht Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten ein freies Kommen <strong>und</strong> Gehen<br />

zwischen Herkunfts- <strong>und</strong> Aufnahmeland sowie evtl. weiteren Staaten. Zwischen den Zielen<br />

der Transmigration bilden sich Grenzen übergreifende Strukturen <strong>und</strong> Netzwerke, über die<br />

ein Kreislauf <strong>von</strong> Informationen, Gütern <strong>und</strong> Menschen zustande kommt. Zu diesen Entwicklungen<br />

gehört z.B. das Entstehen <strong>von</strong> Geschäftsbeziehungen innerhalb der eigenen ethnischen<br />

Nischenökonomie, wo<strong>mit</strong> nicht selten verb<strong>und</strong>en ist, dass – mehr oder weniger sichere<br />

<strong>und</strong> qualifizierte – Arbeitsplätze für die nachwachsende Generation geschaffen werden.<br />

Herkunfts- <strong>und</strong> Ankunftskontext stehen sich hier nicht als Gegensätze gegenüber, sondern<br />

werden zu etwas Neuem verb<strong>und</strong>en. Transmigranten <strong>und</strong> -migrantinnen verfügen demzufolge<br />

über eine Alltagswelt <strong>und</strong> lebensweltliche Praktiken, die sich nicht eindeutig auf ein Land,<br />

eine Kultur oder eine Sprache festlegen lassen. Vielmehr ist ihre Alltagswelt – wenn man sie<br />

sich räumlich vorstellen will – nationalstaatliche Grenzen übergreifend angelegt; sie wird als<br />

„transnationaler sozialer Raum“ bezeichnet. In “transnationalen Räumen” bewegen sich<br />

Menschen, aber ebenso Kapital <strong>und</strong> Waren, Informationen, Ideen, kulturelle Praktiken. Eine<br />

empirische diese Entwicklung anhand der <strong>von</strong> italienischen community in Berlin nachgezeichnet<br />

(vgl. Haug/ Pichler 1999). Sie zeigt, dass Existenzgründungen in transnationalen<br />

ökonomischen Transaktionen vollzogen werden – so stammten das Kapital für ein neues Restaurant<br />

<strong>und</strong> die Inneneinrichtung aus Italien, ebenso wie die Waren, die im Restaurant verarbeitet<br />

wurden –, <strong>und</strong> sie werden begleitet <strong>von</strong> Aktivitäten <strong>mit</strong> kulturellem Charakter <strong>und</strong> der<br />

sozialen Vernetzung in informellen oder formellen Gruppierungen – so wurden Ausstellungen<br />

italienischer Künstler in dem Restaurant vorgestellt, <strong>und</strong> es entwickelte sich ein Kreis<br />

kunstinteressierter Stammk<strong>und</strong>en, die ihrerseits weitere künstlerische Aktivitäten initiierten.<br />

Solche Entwicklungen führen zu neuen Praktiken <strong>und</strong> Orientierungen nicht allein in der<br />

community der Zugewanderten, sondern schließen auch Angehörige der altansässigen Bevölkerung<br />

ein.<br />

Zwar handelt es sich bei „Transmigration“ keineswegs um ein neues Phänomen. Immer<br />

schon haben Migranten versucht, Kontakte zur Region <strong>und</strong> den Menschen der Herkunft aufrechtzuerhalten.<br />

Die neuen Möglichkeiten der technischen Kommunikation aber <strong>und</strong> die modernen<br />

Verkehrs<strong>mit</strong>tel haben dafür gesorgt, dass die Intensität der Möglichkeiten, den Kontakt<br />

<strong>mit</strong> den Menschen oder Institutionen der Herkunft zu pflegen, sich rasant weiterentwickelt<br />

haben. Für das Aufwachsen <strong>und</strong> für die Bildungsvoraussetzungen <strong>von</strong> <strong>Kindern</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong><br />

<strong>mit</strong> Migrationshintergr<strong>und</strong> ist es besonders relevant, dass sich durch diese Umstände<br />

neue Lebensperspektiven ergeben. Neuere Untersuchungen <strong>von</strong> Zukunftsvorstellungen<br />

Jugendlicher an der Schwelle zum Beruf zeigen solche Perspektiven: Jugendliche <strong>mit</strong><br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> beziehen die Möglichkeit eines mobilen Lebens in ihre Berufswünsche<br />

<strong>und</strong> -orientierungen ein (vgl. z.B. Fürstenau 2003; Deutsche Shell 2000). Dabei gehört<br />

die Frage, ob <strong>und</strong> auf welche Weise ihre familiensprachlichen Kompetenzen <strong>und</strong> die kulturellen<br />

Erfahrungen zum Wettbewerbsvorteil bei der Berufseinmündung werden können, zum<br />

Kalkül. Ihre Überlegungen zur Realisierung <strong>von</strong> Berufswünschen beziehen sich nicht allein<br />

auf die Verwertbarkeit in Deutschland, sondern auch auf eine – vielleicht vorübergehende –<br />

berufliche Existenz im Land der Herkunft der Familie oder in anderen Ländern, in denen sie<br />

vielleicht Verwandte oder Bekannte haben <strong>und</strong> sich so in ein Migrantennetzwerk begeben<br />

könnten. Ausbildungsangebote wie die sog. binationalen Berufsausbildungen, die es – initiiert<br />

vom Institut der Deutschen Wirtschaft – in einigen deutschen Regionen als Modelle gibt,<br />

haben auf solche Zukunftsvorstellungen reagiert.<br />

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