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Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

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sich unter anderem in religiöser Vielfalt aus, die weit über die mehr als 100 Religionen, Religionsgemeinschaften<br />

<strong>und</strong> Denominationen hinausgeht. In den großen Jugendstudien wurden<br />

Migrantenjugendliche i.d.R. nicht berücksichtigt, aber einzelne Untersuchungen zeigen, dass<br />

religiöse Fragen im Jugendalter eine besondere Bedeutung gewinnen – auch für solche Jugendliche,<br />

die sich selber als „atheistisch“ einschätzen (vgl. Sandt 1996; Karaka#o!lu-Ayd�n 2000).<br />

Für die Bildungsvoraussetzungen <strong>von</strong> <strong>Kindern</strong> <strong>und</strong> <strong>Jugendlichen</strong> <strong>mit</strong> Migrationshintergr<strong>und</strong> ist<br />

bedeutsam, dass ein Zusammenhang zwischen Sprache <strong>und</strong> Religion besteht. Ebenso wie in den<br />

Familien der Migranten eine starke Loyalität gegenüber den Herkunftssprachen besteht, ist <strong>von</strong><br />

einer kulturellen Bindung an die Religion der Herkunft auszugehen. Beide Orientierungen sind<br />

verknüpft <strong>und</strong> in der Praxis der Familien oft aneinander geb<strong>und</strong>en. Dies betrifft neben dem<br />

Aspekt, dass die religiöse Bildung <strong>und</strong> die je spezifische religiöse Bindung das Begriffsverständnis<br />

bestimmt <strong>und</strong> beeinflusst, auch die symbolische Bedeutung <strong>von</strong> Sprache. So verzichten<br />

religiöse Minderheiten nicht auf die Sprachen ihrer Religionen, sondern ver<strong>mit</strong>teln sie in ihren<br />

Gemeinden an die Kinder, in Ergänzung zu den National- oder Familiensprachen (z.B. Aramäisch<br />

bei syrischen oder türkischen Christen, Arabisch bei Muslimen oder andere alte Sprachen<br />

<strong>mit</strong> liturgischer Funktion). Die religiösen Bindungen der Migrantenfamilien wirken sich demnach<br />

spracherhaltend <strong>und</strong> -pflegend aus, erweitern aber auch das Repertoire der Sprachen.<br />

Im Hinblick auf die spezifischen Bildungsvoraussetzungen, die Kinder <strong>und</strong> Jugendliche <strong>mit</strong><br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> in Bezug auf die religiöse Bildung <strong>mit</strong>bringen, steht – ungeachtet der<br />

Heterogenität der religiösen Bindungen – zumeist der Islam im Mittelpunkt des Interesses. Dies<br />

ist einerseits durch den hohen Anteil <strong>und</strong> die große Zahl <strong>von</strong> Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern dieser<br />

Religionszugehörigkeit begründet, andererseits durch die politische Bedeutung, die dieser<br />

Weltreligion beigemessen wird. Auch die folgende Darstellung konzentriert sich auf Schülerinnen<br />

<strong>und</strong> Schüler <strong>mit</strong> muslimischem Hintergr<strong>und</strong>. Nach Schätzungen der B<strong>und</strong>esregierung<br />

besuchen ca. 700.000 Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler islamischen Glaubens deutsche Schulen. Wie<br />

hoch der Anteil alevitischer, sunnitischer <strong>und</strong> schiitischer Muslime daran ist, kann ebenfalls nur<br />

geschätzt werden; zwischen 15 <strong>und</strong> 20% sind vermutlich Aleviten, 10% Schiiten <strong>und</strong> 60 – 70%<br />

Sunniten türkischer Herkunft. In der Diskussion um religiöse Bildung spielen diese Unterschiede<br />

nur dann eine Rolle, wenn unter interkultureller Perspektive über einen „Interreligiösen Dialog“<br />

sowie die Auseinandersetzung <strong>mit</strong> den verschiedenen „Weltreligionen“ im konfessionellen<br />

Religionsunterricht diskutiert wird.<br />

Religiosität <strong>und</strong> die Bindung an Religionsgemeinschaften gilt als bedeutender Einflussfaktor auf<br />

Bildungsorientierungen <strong>und</strong> Bildungserfolg („katholisches Arbeitermädchen vom Lande“ vs.<br />

„muslimischer Arbeiterjunge aus der Großstadt“), ohne dass dies in der neueren empirischen<br />

Bildungsforschung belegt worden wäre. Nauck hat in mehreren Studien nachgewiesen (z.B.<br />

1994; 1998), dass nicht die Religion (hier der Islam), sondern das Ausbildungsniveau der Eltern<br />

ein wichtiger Faktor für das Erziehungsverhalten ist. Nicht Religiosität <strong>und</strong> Autoritarismus,<br />

sondern vielmehr eine hohe emotionale Bindung zwischen den Generationen, verb<strong>und</strong>en <strong>mit</strong><br />

hohen Erwartungen an Leistung <strong>und</strong> schulischen Erfolg, kennzeichnen beispielsweise den<br />

Erziehungsstil türkischer Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten in Deutschland.<br />

Karaka#o!lu-Ayd�n kommt in ihrer Untersuchung <strong>von</strong> Orientierungen bei türkischen Lehramts<strong>und</strong><br />

Pädagogik-Studentinnen in Deutschland zu dem Schluss, dass die vorliegenden Interpretationen<br />

der Ergebnisse diverser Untersuchungen zu Erziehungsvorstellungen türkischer Eltern im<br />

Zusammenhang <strong>mit</strong> Religiosität verkürzt sind <strong>und</strong> auf ein Forschungsdesiderat verweisen. Die<br />

Untersuchung weist ferner darauf hin, dass künftig Musliminnen <strong>und</strong> Muslime nicht nur <strong>von</strong><br />

außen, z.B. als Eltern oder Vertreterinnen <strong>und</strong> Vertreter <strong>von</strong> Religionsgemeinschaften, sondern<br />

<strong>von</strong> innen als Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer Akteurinnen bzw. Akteure im Bildungskontext sein<br />

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