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Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

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drücklich in ihre Verordnungen <strong>und</strong> Erlasse aufgenommen. Es gilt der Gr<strong>und</strong>satz der Integration,<br />

d.h. der gemeinsamen Aufnahme <strong>von</strong> <strong>Kindern</strong> in die Schule, unabhängig <strong>von</strong> ihrem<br />

kulturellen oder sprachlichen Hintergr<strong>und</strong>. Einige B<strong>und</strong>esländer gehen so weit, prinzipiell<br />

keine segregierenden Vorbereitungsmaßnahmen (z.B. Vorbereitungsklassen) im ersten <strong>und</strong><br />

zweiten Schuljahr einzurichten. Einzig Hessen sieht <strong>mit</strong> seinem neuen Schulgesetz vom August<br />

2002 in § 58(5) die Möglichkeit einer Zurückstellung vor. Ohne ausdrücklich im Schulgesetz<br />

vorgesehen zu sein, kommen Zurückstellungen aus sprachlichen Gründen allerdings<br />

auch in anderen B<strong>und</strong>esländern vor. Es ist unklar, in welchem Maß Migrantenkinder <strong>von</strong><br />

Zurückstellungen betroffen sind, da die Staatsangehörigkeit in den Einschulungsdaten nicht<br />

vermerkt ist. Die Schulentwicklungsforschung geht jedoch da<strong>von</strong> aus, dass sie überproportional<br />

<strong>von</strong> Selektionsentscheidungen zu Beginn <strong>und</strong> während der Schullaufbahn betroffen sind<br />

(Bellenberg 1999).<br />

Wie Studien <strong>von</strong> Radtke u.a. (z.B. Gomolla & Radtke 1999) gezeigt haben, kann die Zurückstellung<br />

<strong>von</strong> <strong>Kindern</strong> <strong>mit</strong> Migrationshintergr<strong>und</strong> als eine Form „struktureller Diskriminierung“<br />

im Bildungssystem interpretiert werden, die als Mechanismus – also nicht durch die<br />

Pädagoginnen <strong>und</strong> Pädagogen intendiert – zur Benachteilung dieser Kinder beiträgt. Eine<br />

weitere benachteiligende Weichenstellung ist die Überweisung an Sonder- bzw. Förderschulen,<br />

in denen der überproportionale Anteil <strong>von</strong> Migrantenkindern weiter wächst (Kornmann<br />

2001, 2002). Die Schulen haben nach diesen Studien Praxen <strong>und</strong> Routinen entwickelt, die im<br />

Bemühen um Funktionsfähigkeit, Effektivität <strong>und</strong> Bestandserhalt dazu beitragen, Diskriminierungen<br />

in Gang zu halten. Im Zuge der Begründung <strong>von</strong> Einzelentscheidungen (z.B. Zurückstellungen,<br />

Sonderschulüberweisungen) würden ethnische Merkmale „valorisiert“, bekämen<br />

also eine Bedeutung, die sie bis dahin nicht besaßen <strong>und</strong> die keine Erklärungskraft<br />

besitzen (z.B. Nationalität). Solche Prozesse müssten systematisch beobachtet <strong>und</strong> auf ihre<br />

strukturellen Gründe (z.B. Fehlplanungen in der Prognostik der Schülerzahl, mangelnde<br />

Auslastung <strong>von</strong> vorschulischen Einrichtungen, Förderschulen bzw. Überlast <strong>von</strong> Gr<strong>und</strong>schulen<br />

etc.) zurückgeführt werden.<br />

Nachgewiesen wurde, dass das Risiko eines schulischen Misserfolgs <strong>mit</strong> Zurückstellungen<br />

<strong>und</strong> der Wiederholung <strong>von</strong> Klassenstufen wächst. In der bei PISA identifizierten „Risikogruppe“<br />

sind solche Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler überproportional häufig enthalten. Eine Lösung<br />

wird in einigen B<strong>und</strong>esländern darin gesucht, <strong>von</strong> Zurückstellung bedrohte oder betroffene<br />

Kinder zur Teilnahme an vorschulischen Fördermaßnahmen zu gewinnen. Dies kann auf<br />

freiwilliger Basis oder verpflichtend (nach Eintritt der Schulpflicht) geschehen. Voraussetzung<br />

ist in der Regel eine Einschätzung der Sprachentwicklung im Deutschen – diskutiert<br />

werden Zeitpunkte <strong>von</strong> eineinhalb Jahren bis einem halben Jahr vor der Einschulung.<br />

So wurde bereits früher – z.B. in Nordrhein-Westfalen <strong>und</strong> Hamburg in den 1980er Jahren –<br />

die Einrichtung <strong>von</strong> Vorlaufgruppen für Kinder, die keine vorschulische Einrichtung besuchen,<br />

erprobt. Zur Erfassung der Kinder wird der Anmeldezeitpunkt vorgerückt (z.B. in Hessen,<br />

Niedersachsen <strong>und</strong> Schleswig-Holstein auf den Herbst des Vorjahres) <strong>und</strong> in Kombination<br />

<strong>mit</strong> einer Einschätzung des Sprachstands des Kindes im Deutschen eine entsprechende<br />

Empfehlung an die Eltern ausgesprochen. In einer ersten Erprobungsphase (2002-2003) wurden<br />

in Hessen ca. 5000 Kinder erfasst <strong>und</strong> 569 Vorlaufkurse für sie eingerichtet.<br />

4.3. <strong>Förderung</strong> im Regelunterricht<br />

Reine Submersionsprogramme zur Eingliederung <strong>von</strong> Zuwandererkindern aus dem Ausland<br />

werden in der B<strong>und</strong>esrepublik nicht vertreten. So schloss sich die KMK im September 2001<br />

erneut dem Ergebnis der Spracherwerbsforschung (vgl. Reich/Roth u.a. 2003: 24) an, dass<br />

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