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Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

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Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler, sondern auf die Schülerschaft insgesamt. Eine Untersuchung der<br />

Schulgesetze der Länder, ihrer Rahmenpläne <strong>und</strong> Richtlinien, die Mitte der 1990er Jahre<br />

durchgeführt wurde (Bühler-Otten, Neumann, Reuter 2000; Gogolin, Neumann, Reuter 2001)<br />

hat gezeigt, dass in den meisten B<strong>und</strong>esländern auf den verschiedenen Regelungsstufen<br />

Schulgesetz, Rahmenpläne <strong>und</strong> Themenkataloge interkulturelle Zielvorstellungen formuliert<br />

worden sind. Dabei unterscheiden sie sich zwar beträchtlich – auch in der zeitlichen Dimension<br />

ihrer Entwicklung bzw. ihres Inkrafttretens. In den untersuchten B<strong>und</strong>esländern waren<br />

sowohl „Bottom-up-Prozesse“ der Innovation in Form eines allmählichen Eindringens interkultureller<br />

Aspekte in die Lehrpläne zu beobachten, als auch „Top-down-Prozesse“. Während<br />

z.B. in Bayern jene Schulformen, in denen Migrantenkinder am häufigsten anzutreffen waren,<br />

den Ausgangspunkt bildeten <strong>und</strong> zunächst Modellversuche <strong>und</strong> relativ unverbindliche<br />

Hinweise („internationales Curriculum interkulturelles Lernen“) formuliert <strong>und</strong> erprobt wurden,<br />

ehe bei der Revision der Lehrpläne interkulturelle Inhalte systematisch <strong>und</strong> gründlich<br />

eingearbeitet wurden, lief in Mecklenburg-Vorpommern, einem Land, in dem vergleichsweise<br />

wenig Erfahrungen <strong>mit</strong> einer ethnisch <strong>und</strong> sprachlich pluralen Schülerschaft vorlagen, der<br />

genau umgekehrte Prozess ab. Das Schulgesetz verpflichtet in § 5 Abs. 4 SchulG M-V zur<br />

„Rechts- <strong>und</strong> Friedenserziehung“, „interkulturellen Erziehung“ <strong>und</strong> „Europaerziehung“ als<br />

fächerübergreifenden „Aufgabengebieten“. Ziele <strong>und</strong> Inhalte der Aufgabengebiete werden<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich in schulartgeb<strong>und</strong>enen Fachrahmenplänen ausgewiesen; für „interkulturelle<br />

Erziehung“ ist darüber hinaus ein gesonderter Rahmenplan vorgesehen. Durch ihre schulgesetzliche<br />

Einführung als Aufgabengebiet sind der Bildungs- <strong>und</strong> Erziehungsauftrag der<br />

Schule (Art. 15 Abs. 4 LVerf.; § 1 SchulG M-V) <strong>und</strong> der allgemeine Lernzielkatalog (§ 2<br />

SchulG M-V) im Lichte der Ziele des interkulturellen Lernens zu lesen. In einigen B<strong>und</strong>esländern<br />

stehen diese Anstrengungen in Zusammenhang <strong>mit</strong> politischen Leitlinien, wie z.B. in<br />

Schleswig-Holstein, das ein „Landesintegrationskonzept“ verabschiedet hat.<br />

Der Prozess der Einarbeitung interkultureller Aspekte in die Curricula ist noch nicht abgeschlossen,<br />

sondern begleitet die Revision der Lehrpläne. So hat kürzlich Sachsen für die Reform<br />

der Lehrpläne „Eckwerte Interkulturalität“ formuliert. Danach soll interkulturelle Bildung<br />

<strong>und</strong> Erziehung als eine die gesamte Schule durchziehende Aufgabe aufgefasst werden,<br />

aus der sich Kriterien für die Schulentwicklung <strong>und</strong> die Überprüfung <strong>von</strong> Schulqualität ergeben.<br />

Als Kernelemente werden ein frühes Angebot nicht-deutscher Sprachen über den etablierten<br />

Fremdsprachenkanon hinaus <strong>und</strong> die Stärkung regionaler <strong>und</strong> internationaler Bildungskooperation<br />

(im Rahmen <strong>von</strong> EU-Programmen), die u.a. auf die Verbesserung <strong>von</strong><br />

Schulqualität <strong>und</strong> die Herausbildung interkultureller Bewusstheit zielen. Auch in Hamburg<br />

sind bei der Revision der Bildungspläne eine Leitvorstellung für die im Unterricht <strong>und</strong> im<br />

Schulleben zu berücksichtigenden interkulturellen Fragen formuliert <strong>und</strong> die einzelnen Fach<strong>und</strong><br />

Stufenpläne entsprechend erarbeitet worden. Im Bildungsplan Gr<strong>und</strong>schule ist ein Rahmenplan<br />

für das „Aufgabengebiet Interkulturelle Erziehung“ enthalten, der auf die einzelnen<br />

Fächer der Gr<strong>und</strong>schule bezogen verbindliche Inhalte <strong>und</strong> Standards festlegt, die u.a. dazu<br />

dienen sollen, den <strong>Kindern</strong> Möglichkeiten aufzuzeigen, „wie Konflikte aufgr<strong>und</strong> <strong>von</strong> Anderssein<br />

(...) beigelegt (...), Mechanismen <strong>von</strong> Ausgrenzung <strong>und</strong> Diskriminierung, auch innerhalb<br />

der Schule, untersucht <strong>und</strong> Möglichkeiten zur Überwindung erprobt werden können“.<br />

Interkulturelle Curricula können das Verhältnis <strong>von</strong> Mehrheiten <strong>und</strong> Minderheiten thematisieren,<br />

indem sie die Migration <strong>und</strong> ihre Folgen in ihren gesamtgesellschaftlichen Kontext<br />

stellen <strong>und</strong> den Blick auf gesellschaftliche Strukturen lenken. Bezugspunkt solcher Ansätze<br />

ist die Gesellschaft, ihre Institutionen <strong>und</strong> Organisationen. Sie zielen auf Analyse <strong>und</strong> Reflexion<br />

gesellschaftlicher Verhältnisse, vor allem auf Mechanismen <strong>von</strong> Diskriminierung aufgr<strong>und</strong><br />

ethnisch-kultureller Merkmale. Den Gegenpol bilden Konzepte, die auf das Individuum<br />

<strong>und</strong> seine Haltungen, Handlungsmöglichkeiten <strong>und</strong> seine Reflexionsfähigkeit zielen.<br />

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