5 Jahre - Landesinitiative StadtBauKultur NRW
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Gestaltqualität der Baukultur<br />
Jeder Baugrund ist einmalig, aber nicht jeder Grund zum<br />
Bauen ist es ebenfalls. Die Integrität zwischen Ort und Werk<br />
muss gestaltet werden, sie entsteht nicht von selbst. Zwischen<br />
der Einmaligkeit des Baugrunds und der möglichen<br />
Beliebigkeit des Grunds zum Bauen besteht ein Spannungsverhältnis<br />
eines Müssens und Wollens. Erst eine von vielen<br />
geteilte Haltung zu diesem Spannungsverhältnis stellt die<br />
Grundlage einer breiten Baukultur her.<br />
Mit gesteigertem Interesse an der gebauten Umwelt, mit<br />
zunehmender Wertschätzung einzelner Bauten durch Anteilnahme<br />
an deren Pflege kann die Erscheinungsvielfalt der<br />
Baukultur breit gefächert sein, ohne dass es zu einem mangelnden<br />
Verständnis für diese Vielfalt käme.<br />
So wie jeder Baugrund einmalig ist, so dauert jedes Bauwerk<br />
seine Zeit. Neben finanziellen und bauphysiologischen<br />
Aspekten bestimmen der Grad einer öffentlichen Anteilnahme<br />
an einem symbolträchtigen Bauwerk wie die immanente<br />
Qualität einer denkmalwürdigen Gestaltung die Dauer des<br />
Bestehens eines Bauwerks.<br />
Die gebaute Umwelt setzt sich aus vielen Teilen zusammen,<br />
wobei manches Teil eine hohe Gestaltqualität aufweist, aber<br />
nicht jedes einzelne Teil einmalig sein muss oder auch einen<br />
Anspruch auf dauerhaften Bestand erhebt. Die Baukultur<br />
einer Region ist somit vielfältig, was Qualität, Einzigartigkeit<br />
und Bestandsdauer angeht. Jede Region besteht aus einer<br />
derartigen Baukultur; die Einzigartigkeit der einen oder<br />
anderen regionalen Baukultur hängt aber nicht alleinig von<br />
den einzelnen Bauten hoher Gestaltqualität ab, sondern<br />
vom Grad der Integrität der Teile zueinander wie auch zum<br />
Ganzen. Eine prägnante regionale Baukultur entsteht durch<br />
die übergeordnete Identität mit einem Ort, als Ausdruck<br />
einer von vielen geteilten Haltung zum Spannungsverhältnis<br />
zwischen Ort und Werk.<br />
Somit kann die gebaute Umwelt die bestimmende Grundlage<br />
einer unverwechselbaren Kulturlandschaft sein; sie<br />
ist es, die zur Identität eines Orts, einer Landschaft, einer<br />
Region beitragen kann.<br />
Baukultur wird allen vererbt, anonym verschenkt. Neben der<br />
Natur ist die Baukultur in ihrer Ganzheit von unermesslichem<br />
Wert. Pflegen wir sie, nehmen wir Anteil, erwerben wir<br />
Kenntnisse, überwinden wir so langfristig die dreifachen<br />
Verluste der letzten Jahrhunderte durch Erhalt und Zeugung<br />
bedeutender Bauwerke jedes Mal, wenn sich erneut die<br />
Chance dazu ergibt.<br />
Literatur<br />
Heidegger, M.: Der Ursprung des Kunstwerkes. Stuttgart 1960, S. 44<br />
Frey, D.: Der Realitätscharakter des Kunstwerks.<br />
in Kunstwissenschaftliche Grundfragen: Prolegomena zu einer Kunstphilosophie.<br />
Wien 1946, S. 107 ff.<br />
Riegl, A.: Stilfragen. Grundlegungen zu einer Geschichte der Ornamentik.<br />
(Nachdruck der Ausgabe Berlin 1893) München 1985<br />
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