5 Jahre - Landesinitiative StadtBauKultur NRW
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Take 2 – Workshop<br />
Mitten im Ruhrgebiet – da liegt der stadt.bau.raum. Von<br />
hier aus starten im Mai 2005 zehn paritätisch mit Architekten/Planern<br />
sowie Fotografen/Fotodesignern besetzte Studentengruppen<br />
– ausgestattet mit Kompass und Kamera –<br />
ihre Expeditionen ins Ruhrgebiet. Ihnen vorgegeben sind<br />
einzig die Himmelsrichtung und die Dauer ihrer Expedition;<br />
Themen und Orte ihrer Arbeit finden sie auf ihrem Weg<br />
selbst. Die 37 Studenten entdecken geheime Orte, die man<br />
besser nicht fotografiert – schließlich sollen sie geheim bleiben<br />
– und manipulieren das betreffende Kartenmaterial, um<br />
das Auffinden der Orte zu erschweren. Sie dokumentieren<br />
den Insel-Urbanismus des Ruhrgebiets, das enge Nebeneinander<br />
unterschiedlicher Lebenswelten und die Vielzahl von<br />
Grenzlinien, Schnittstellen und Rändern. Sie intervenieren<br />
in den monofunktionalen Alltagsräumen durch temporäre<br />
Aneignungen und inszenieren vermeintliche Un-Orte zu<br />
Möglichkeitsräumen – und sie erproben schließlich ganz<br />
eigene, schon fast situationistisch anmutende Formen der<br />
Zusammenarbeit wie jene beiden Gruppen, die im ständigen<br />
gegenseitigen Wechsel an ihren Themen und Orten arbeiten.<br />
Nach einer Woche geht der Workshop zu Ende: Entstanden<br />
ist nicht nur ein besseres Verständnis für die Sichtweisen<br />
und „Motive” des anderen, sondern ein vorbehaltwie<br />
schonungsloser Einblick in die städtischen Wirklichkeiten<br />
und Möglichkeiten Gelsenkirchens.<br />
Take 3 – Ausstellung<br />
Der Studentenworkshop wird zur „schulschau“: Die Studierenden aus Bochum,<br />
Bielefeld, Dortmund, Essen, Hamburg, Wismar und Wuppertal präsentieren<br />
ihre zehn Arbeiten im Rahmen einer Ausstellung im stadt.bau.raum, dem<br />
base camp ihrer Workshoparbeit und Ausgangspunkt ihrer Expeditionen.<br />
Auch die Ausstellung selbst hat ihr base camp: ein den Raum durchquerender<br />
Leuchttisch veranschaulicht die Kernaussagen des Projekts und erlaubt<br />
anhand hunderter frei arrangierter Dias jedem Besucher einen individuell<br />
zusammengestellten Einblick, vorausgesetzt, er nutzt die Möglichkeit, sich<br />
auf diese Weise sein eigenes Bild zu machen. Jede der zehn Gruppen hat<br />
darüber hinaus ihren eigenen „Claim”, an dem sie ihre Ergebnisse präsentiert:<br />
lange, von der Decke abgehängte Stoffbahnen mit Grafiken und Bildern,<br />
die jeder noch so kleine Windstoß zu „bewegten Bildern” macht, und<br />
große Plattformen mit genau jenem Oberflächenmaterial, das die Gruppen<br />
an „ihren” Orten vorgefunden haben. Wer sich also über Rasen, Ziegelsteine,<br />
Schilfrohr, Betonplatten, Rindenmulch und „Lidl”-Pflaster durch die Ausstellung<br />
bewegt, erlebt die „möglichen Orte” Gelsenkirchen auf eine Weise,<br />
wie es die Bilder dann doch nicht ermöglichen.<br />
…ein Experiment ist dann besonders erfolgreich, wenn es nicht nur ein<br />
solches Resultat, sondern einen Zuwachs an Erkenntnis und Einsicht für die<br />
Beteiligten erzielt. Die Fotografen und Fotodesigner haben während des<br />
Workshops erfahren können, wie sehr ihre Fotografien zu dem Bild von<br />
Stadt beitragen, das gerade in schrumpfenden Städten neu entwickelt wird.<br />
Und die angehenden Planer und Architekten haben erlebt, dass professionelle<br />
Unvoreingenommenheit in solchen Städten häufig weiterführt als ein<br />
Beharren auf den Prinzipien eines traditionellen Städtebaus. Bild- und Planerwelten<br />
– sie haben an diesen möglichen Orten der Stadt zusammengefunden.<br />
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