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5 Jahre - Landesinitiative StadtBauKultur NRW

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Martin zur Nedden<br />

„Kann die B1 die Champs-Élysées oder der Ku‘damm des Ruhrgebiets werden?”<br />

– das ist eine nach wie vor unbeantwortete Frage. Gestellt wurde sie<br />

von Kunibert Wachten und Michael Koch auf der Internationalen Herbstakademie<br />

„Stadtraum B1” im <strong>Jahre</strong> 2001. Sie wurde von den Medien dankbar<br />

aufgegriffen und sicherte, wenigstens kurzzeitig, die Präsenz des Themas<br />

in der Öffentlichkeit, wobei nicht auszuschließen ist, dass sie bei einem Teil<br />

der Bevölkerung eher zu Kopfschütteln geführt hat.<br />

Mit der Herbstakademie ist es gelungen, vor Ort ein neues Nachdenken<br />

über das, was eine Stadt und erst recht eine Metropole ausmacht, zu befördern;<br />

noch wichtiger war jedoch die Diskussion, inwieweit die großen Verkehrsbänder<br />

des Ruhrgebiets eine Besonderheit darstellen und das Potenzial<br />

haben, die Andersartigkeit der Region zu „kultivieren”. Trotzdem muss<br />

man zur Kenntnis nehmen, dass, abgesehen von der Tagung „Stadt der Geschwindigkeit”,<br />

die ebenfalls im Rahmen der Initiative <strong>StadtBauKultur</strong> <strong>NRW</strong><br />

stattfand, die Diskussionen zur B1 nach wie vor von den problematischen<br />

Aspekten dieses Verkehrsbandes geprägt sind. Es wird geredet über Verkehrsstaus,<br />

über Lärm- und Schadstoffemissionen und noch viel zu wenig<br />

über die möglichen urbanen Qualitäten dieses regionalen Stadtraums. Dabei<br />

soll diese in die Zukunft gerichtete Diskussion die verkehrlichen und gesundheitlichen<br />

Probleme an der B1 nicht bagatellisieren.<br />

Mit den Ergebnissen der Herbstakademie liegen viel versprechende Impulse<br />

für diese Diskussion vor. Sie zeigen, dass es klug war, Studierende von<br />

Architekturfakultäten aus dem In- und Ausland sich mit dem Stadtraum B1<br />

auseinander setzen zu lassen und ihre Kreativität und Phantasie heraus zu<br />

fordern. Die thematische Bandbreite der Beiträge ist auch im Rückblick<br />

bemerkenswert. Sie reicht vom überregionalen Ansatz, bei dem die B1<br />

Bestandteil eines ringförmigen Entwicklungsbandes Dortmund-Duisburg-<br />

Köln-Wuppertal wird, bis zur Neuformulierung der Tankstelle als urbaner<br />

Allround-Servicestation. Sie definieren einerseits ein neues Zentrensystem<br />

an den Auf- und Abfahrten, favorisieren andererseits die peripheren Zwischenräume<br />

als Entwicklungspotenziale. Einem schon fast autistischen<br />

Vorschlag zur Führung der B1 in einem oberirdischen Tunnel, der die<br />

vorhandenen Barrierewirkungen weiter verstärken würde, stehen Arbeiten<br />

gegenüber, die genau dies zu mindern versuchen. Für die überwiegende<br />

Zahl der Entwurfsideen gilt, dass sie an und über der Autobahn neue<br />

Flächen mobilisieren oder vorhandene nutzbarer machen wollen. Die Nutzungen<br />

rücken (noch) näher an das Verkehrsband heran, werden intensiviert<br />

und ergänzt bis hin zur Aktivierung des Mittelstreifens. Für wachsende<br />

Regionen mit Flächenengpässen sind dies diskussionswürdige Visionen.<br />

Im Falle einer Umsetzung bergen sie jedoch auch die Gefahr, dass sie urbane<br />

Strukturen, zum Beispiel die vorhandenen Zentren, schwächen.<br />

62<br />

Herbstakademie Stadtraum B1 und<br />

Stadt der Geschwindigkeit<br />

Die vier <strong>Jahre</strong> seit der Herbstakademie haben einige grundlegende<br />

Entwicklungstendenzen noch deutlicher werden<br />

lassen, zum Beispiel die Unausweichlichkeit des Bevölkerungsrückgangs<br />

in der Region. Auch wenn die Auswirkungen<br />

kleinräumig sehr unterschiedlich sein werden, muss<br />

man akzeptieren, dass spätestens ab 2010, auf absehbare<br />

Zukunft, die Nachfrage nach Wohn- und Gewerbeflächen<br />

nicht mehr zu-, sondern eher abnehmen wird. Damit gewinnen<br />

die jeweiligen Standorteigenschaften noch mehr an<br />

Bedeutung. Für Gewerbeflächen, insbesondere an den Zuund<br />

Abfahrten, wird der Standort Autobahn weiterhin<br />

attraktiv sein. Als Wohnstandort hingegen wird er immer<br />

schlechter vermarktbar sein. Der Entwurf „Koslowskis Urbanismus”,<br />

der mit einem idyllischen Wohnen hinter der Lärmschutzwand<br />

operiert, erscheint da als provokative Negation<br />

künftiger Marktverhältnisse; wesentlich realistischer sind<br />

Ansätze wie die der Arbeit „Innenhafen Duisburg”, die mit<br />

einem landschaftsplanerischen Konzept zwischen Räumen<br />

und konkurrierenden Nutzungen vermittelt, sogar neue<br />

(Frei-)Räume schafft. Sie verweist auf die neuen Chancen,<br />

angesichts des erkennbaren Rückgangs der Flächennachfrage<br />

alte, in Wachstumsphasen entstandene Nutzungskonflikte<br />

und Gemengelagen aufzulösen oder zumindest zu<br />

reduzieren.<br />

Die Frage nach der Zukunft des Standorts Autobahn war<br />

auch Gegenstand der Tagung „Stadt der Geschwindigkeit”,<br />

die 2004 in Gelsenkirchen stattfand. Dort wurden Wege zur<br />

städtebaulichen Integration von Verkehrskorridoren diskutiert.<br />

Ein Verdienst der Tagung war es, nicht nur die städtebauliche,<br />

also die räumliche Komponente der Integration<br />

thematisiert zu haben. Ihr Anliegen war vor allem, die Sichtweisen<br />

unterschiedlicher Fachdisziplinen zu integrieren.<br />

Diesem selbst formulierten Anspruch, eine breite interdisziplinäre<br />

Diskussion in Gang zu setzen, ist die Tagung bereits<br />

gerecht geworden. Der Anspruch auf Interdisziplinarität,<br />

wie er hier zum Ausdruck kam, sollte in jedem Fall weitergeführt<br />

werden, und zwar nicht nur in der Initiative StadtBau-<br />

Kultur <strong>NRW</strong>. Das gilt erst recht mit Blick auf kulturelle bzw.<br />

künstlerische Strategien im Umgang mit der B1. Seit den<br />

1960er <strong>Jahre</strong>n, mit der Künstlergruppe B1, hat es dazu<br />

immer wieder Ansätze gegeben. Im Rahmen der Europäischen<br />

Kulturhauptstadt 2010 soll nun mit „B1_21st” ein<br />

neues, interdisziplinäres Kunstprojekt stattfinden, das die B1<br />

als zeitgenössisches urbanes Labor begreifen will.

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