„Die breite Öffentlichkeit interessiert sich kaum für Fragen der Architektur und des Städtebaus!“ – Wie kann es gelingen, dieser oft beklagten Tatsache wirksam und nachhaltig entgegen zu wirken? Ausgehend von dieser Frage initiierte die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen schon vor zwölf <strong>Jahre</strong>n das Programm „Kammer in der Schule“ (KidS). Im Rahmen dieser Aktion wurden an Schulen in <strong>NRW</strong> Projekte angeregt und durchgeführt, bei denen die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit ihren Lehrern und mit örtlichen Architekten Lösungen für konkrete bauliche Probleme an der jeweiligen Schule erarbeiteten. So wurden zum Beispiel zuvor asphaltierte Schulhöfe aufgebrochen und begrünt, Innenräume mit Farbkonzepten und Einbauten belebt, Pavillons und neue Räumlichkeiten für Schülerinnen und Schüler geschaffen. „Dass wir so viel verändern können, hätte ich wirklich nicht gedacht!“ – Aussagen wie diese werden häufig von Schülern (und nicht selten auch von Lehrern und Schulleitern) am Ende eines KidS-Projektes geäußert. Die Idee des KidS-Konzeptes ist ebenso einfach wie zwingend: Wer nachhaltig ein Bewusstsein für Fragen des Wohnens und der Architektur, des Städtebaus und der gebauten Umwelt erreichen will, muss bei den Kindern ansetzen. Nur wer schon in frühen Lebensjahren erfährt, dass die gebaute Umwelt kein vorgegebenes Faktum ist, sondern durch aktive Einmischung positiv beeinflusst werden kann, entwickelt ein Gespür und Interesse dafür, selber aktiv zu werden und unsere künstlich generierte Umwelt nicht passiv hinzunehmen. „Architektur ist echt cool!“ – Die mittlerweile elf realisierten Projekte der KidS-Reihe zeigen: Kindern und Jugendlichen macht es Spaß, sich mit planerischen Aufgaben ihrer Alltagsumwelt zu beschäftigen und sich an Lösungsprozessen zu beteiligen. Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen hat deshalb das KidS-Konzept im Rahmen der Initiative <strong>StadtBauKultur</strong> <strong>NRW</strong> strukturell ausgeweitet. Wo die KidS-Reihe an lokalen Beispielen vor Ort Lösungen anbietet und Bewusstsein schafft, stellte sich nun die Frage, wie flächendeckend und dauerhaft eine Sensibilisierung von Schülerinnen und Schülern erzielt werden kann. Die Architektenkammer <strong>NRW</strong> entwickelte dazu ein breites Spektrum an Angeboten, die von Lehrerinnen und Lehrern, Eltern und Interessierten aktiv aufgenommen werden. Zu den Instrumentarien gehören folgende Projekte: • Architektenpool: Die Architektenkammer hat über Kolloquien einen Kreis von Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplanern etabliert, die sich für die ehrenamtliche Arbeit in Schulen zur Verfügung stellen. Schulen, die Architekten als Gesprächspartner für Berufsinformationstage suchen, können auf diese Weise ebenso zuverlässig und flächendeckend bedient werden wie Lehrer, die sich kompetente Partner für Projektwochen oder Themenreihen wünschen. • Schulmaterial: Das Themenfeld Architektur eignet sich – als interdisziplinäres Fach – ideal für projektorientiertes Arbeiten in Schulen. Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen hat deshalb Schulmaterial entwickelt, mit dessen Hilfe Pädagoginnen und Pädagogen schnell und sicher Projektwochen entwickeln können. Das Schulbuch „Wie gewohnt?!“ des renommierten Fachautors Prof. Gert Kähler thematisiert das Wohnen in all seinen historischen, soziologischen und städtebaulichen Facetten. Die Arbeitsmappe „Alles nur Fassade?“ bietet Material für eine spannende Projektwoche oder Unterrichtsreihe, bei der die Schülerinnen und Schüler hinter die Fassaden ihres Quartiers blicken sollen. • Best-practice-Sammlung: Auch das Aktionsprogramm „Architektur macht Schule!“ selbst machte sehr schnell nach seiner Eröffnung im Herbst 2002 Schule. Viele Architekten und Stadtplaner zeigten sich interessiert, an Schulen ihrer Kommune oder den Schulen ihrer Kinder entsprechende Projekte zu initiieren. Auch Lehrer und Leiter der verschiedensten Bildungseinrichtungen fragten bei der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen nach, wie solche Schulprojekte initiiert werden können und wie sie konkret ablaufen. Eine schnelle Antwort gibt es darauf nicht, denn für Schulprojekte über Architektur gilt wie für Architektur allgemein: Jedes Projekt ist ein Unikat, das von den Beteiligten, den baulichen Gegebenheiten, der Schulform, den eingebundenen Schülern und zahlreichen weiteren Faktoren abhängt. Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen hat deshalb eine Sammlung ihrer eigenen Schulprojekte sowie weiterer Aktionen, die im Rahmen des Aktionsprogramms „Architektur macht Schule!“ von Kammermitgliedern initiiert wurden, angelegt und diese für alle Interessierten im Internet öffentlich gemacht: Unter www.architektur-macht-schule.de können Konzepte, Projektabläufe und Erfahrungen der Beteiligten abgerufen werden. „Architektur macht Schule!“ – Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen versteht den Titel ihres Aktionsprogramms als motivierendes Statement und zugleich als Appell. Solange Architektur und Städtebau nicht fest in die Curricula der nordrhein-westfälischen Schulen integriert sind, stellen die vielfältigen Aktionen in Schulen vor Ort sicher, dass Kinder und Jugendliche mit diesem wichtigen Thema in Berührung kommen und ein Bewusstsein für ihre gestaltete Umwelt entwickeln können. Denn Architektur ist eine Bereicherung – für den Unterricht, für die jungen Leute und für die Gesellschaft insgesamt. 83
Birgit Frey 84 Stadt(T)räume