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5 Jahre - Landesinitiative StadtBauKultur NRW

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Ulrich Hatzfeld<br />

Mit Baukultur umzugehen heißt, Widersprüche produktiv zu machen<br />

Es gibt in der Tat nicht wenige, die Baukultur und Gestaltqualität mit Luxus<br />

und Schöngeisterei assoziieren: ein „Überbauthema“, das man in guten Zeiten<br />

im Feuilleton vertiefen könnte. Aber spätestens dann, wenn es konkret<br />

wird, wenn es um wirtschaftsnahe Planungsverfahren und zügiges Bauen<br />

geht, werde Baukultur zum Kostenfaktor und Investitionshemmnis. In der<br />

nun seit <strong>Jahre</strong>n anhaltenden Phase, in der die Bauwirtschaft von einer Krise<br />

in die nächste geworfen werde, komme im Zweifelsfall „erst das Bauen,<br />

dann die Kultur“. Allzu viel und allzu teure Baukultur passe nun einmal<br />

nicht in eine Zeit, in der primär Arbeitsplätze geschaffen, das Sozialsystem<br />

gesichert und das Gesundheitswesen neu geordnet werden müsse.<br />

Für andere hingegen ist Baukultur fast so etwas wie eine Überlebensstrategie,<br />

eine Insel der Hoffnung in einem Meer der Perspektivlosigkeit. Schon<br />

die Vergangenheit habe – so die Argumentation – gezeigt, dass die Logik<br />

von Rationalisierung und Massenproduktion allein nicht trage. Wenn die<br />

Nachfrage nach Massenware auch demographisch bedingt nachlasse,<br />

müsse man die Strategie des „immer mehr desselben“ und des „immer<br />

kostengünstiger“ modifizieren. Wie in der übrigen Wirtschaft liege auch die<br />

Zukunft des Bauens in Deutschland in einer „diversifizierten Qualitätsproduktion“;<br />

konkret meine dies neue Produkte, ingenieurwissenschaftliche<br />

Innovationen und vor allem neue architektonische Gestaltqualitäten.<br />

Nur „gutes Bauen“ schaffe sichere Arbeit, eröffne neue Märkte und bilde<br />

die Grundlage für den Export von Architektur- und Ingenieurleistungen.<br />

Eine dritte Gruppe betont den Charakter von Baukultur als künstlerischkulturelle<br />

Aufgabe. Die öffentliche Hand sei für die Erhaltung des Kulturgutes<br />

Stadt und dessen Weitergabe an die nachfolgenden Generationen<br />

verantwortlich. Die Erhaltung des kulturellen Erbes, also Denkmalschutz und<br />

-pflege, dürften sich nun einmal nicht der Logik einer immer kurzatmigeren<br />

Immobilienverwertung unterordnen. Ein Kulturstaat sei eben auch ein Baukulturstaat.<br />

Dasselbe gelte für die künstlerische Sicht auf die Stadt: Architektur<br />

als älteste und öffentlichste aller Künste könne nicht allein mit dem<br />

kalten Maßstab der Rentabilität gemessen werden.<br />

6<br />

Gute Zeiten und schlechte Zeiten<br />

für Baukultur<br />

Die <strong>Landesinitiative</strong> <strong>StadtBauKultur</strong> <strong>NRW</strong><br />

Ungeachtet der Tatsache, dass sich die Sichtweisen auf das<br />

Thema Baukultur sehr unterscheiden, spricht sich kaum<br />

jemand offen gegen baukulturelle Kriterien wie die Bewahrung<br />

des historischen Erbes, den Anspruch auf Schönheit<br />

oder die Forderung nach gestalterischer Qualität aus. Das<br />

gilt selbst für die Vertreter einer harten Investitionsstrategie,<br />

insbesondere dann, wenn Architektur und Gestaltung die<br />

Vermarktbarkeit von Investitionsobjekten verbessern. Diese<br />

generelle Zustimmung ist auf der anderen Seite vermutlich<br />

eines der größten Probleme für die Anhebung des baukulturellen<br />

Niveaus: Die Forderung nach mehr Baukultur hat –<br />

zumindest so lange, wie sie in dieser erhabenen Allgemeinheit<br />

bleibt – keine erkennbaren Feinde. Erst wenn Baukultur<br />

konkret wird, wenn sie sich gegen schnelles Bauen oder<br />

gegen allzu glatte Planungsverfahren wendet, kostet Baukultur<br />

Aufwand: Zeit, Mühe und Geld. Und nahezu regelmäßig<br />

werden dann Strategien zur Beschleunigung und zur<br />

Senkung von Kosten und Standards wirksam. Und leider<br />

muss man dann „in diesem Einzelfall“ und „mit Bedauern“<br />

auf baukulturell qualifizierende Verfahren verzichten.<br />

Zusätzlich wird das allzu leicht formulierte Bekenntnis zu<br />

Baukultur dadurch erleichtert, dass es keine allgemein anerkannte<br />

Abgrenzung und erst recht keine numerischen Kriterien<br />

für diesen Begriff gibt. Wenn man etwa feststellt, dass<br />

Baukultur in erster Linie aus Diskussionsbereitschaft und<br />

wachem Bewusstsein für die Umwelt besteht, ist das zwar<br />

richtig; aber in der sich anschließenden Diskussion verschwimmen<br />

dann nicht selten die Grenzen zwischen Baukultur<br />

und Baulyrik. Die Frage, was Baukultur ist und was<br />

nicht, ist eben nicht nur zeitabhängig, sondern auch regional<br />

und interkulturell sehr unterschiedlich zu beantworten.<br />

Letztendlich beschreibt Baukultur eine besondere Haltung<br />

gegenüber dem Planen und Bauen. Als solche – so formuliert<br />

es das Memorandum <strong>StadtBauKultur</strong> <strong>NRW</strong> – „entzieht<br />

sich Baukultur schlichter empirischer Messbarkeit oder Operationalität.<br />

Denn sie ist<br />

- weniger ein Produkt als ein Anspruch und<br />

- weniger ein Zustand als ein Prozess.

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