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5 Jahre - Landesinitiative StadtBauKultur NRW

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Sträucher „bevölkern“ den Ort. Zugleich verspricht das Zitat<br />

vom Platz eine „gefühlte“ Öffentlichkeit und verheißt gutes,<br />

kulturell reichhaltiges städtisches Leben, ganz egal, wie<br />

lebendig die Öffentlichkeit in den angrenzenden Stadtquartieren<br />

tatsächlich ist.<br />

Solche Hybride sind im übertragenen Sinn transparente<br />

Gebilde und lassen unterschiedliche Lesarten zu. Vordergründig<br />

betrachtet scheinen sich zwei traditionell positiv<br />

besetzte städtische Freiraumelemente auf verblüffend einfache<br />

Weise miteinander zu verbinden. Vielleicht tauchen<br />

sie gerade deshalb seit einigen <strong>Jahre</strong>n in verschiedenen<br />

Variationen auf: Der Parc del Clot von Dani Freixes und<br />

Vicente Miranda in Barcelona, die Place de la Bourse von<br />

Alexandre Chemetoff und der Jardin Caille von Christine<br />

Dalnoky und Michel Desvignes – eigentlich Hybride aus Platz<br />

und Garten – in Lyon, der Platz der Einheit in Potsdam von<br />

WES und Partner, der Invalidenpark in Berlin von Christophe<br />

Girot und schließlich die neuen Quartierparks in Zürich-<br />

Oerlikon, insbesondere der Oerliker Park von Zulauf,<br />

Seippel und Schweingruber sowie der MFO-Park von<br />

Burckhardt und Partner mit Raderschall Landschaftsarchitekten<br />

sind einige europäische Beispiele aus den vergangenen<br />

zwei Jahrzehnten.<br />

Park und Platz zählen längst zu vereinheitlichenden Begriffen<br />

mit breiter thematischer Vielfalt. Infolge eines inflationären<br />

Gebrauchs haben sie ihre spezifische Aussagekraft<br />

verloren und werden deshalb gerne in neuen Kombinationen<br />

als Reizauslöser in unserer „Multioptionsgesellschaft“<br />

benutzt. Für solche hybriden Typologien, die die ersten<br />

Vokabeln einer neuen freiraumgestalterischen Sprache sein<br />

können, werden irgendwann neue Bezeichnungen zu prägen<br />

sein: wie zum Beispiel „urbane Hybridräume“ – eine<br />

Bezeichnung, die dem Umstand Rechnung trägt, dass sich<br />

neue Freiraumtypen in Zusammenarbeit mit Landschaftsarchitekten,<br />

Architekten und Stadtplanern entwickelt haben<br />

und deren Entstehung nicht nur auf einen tiefgreifenden<br />

Wandel im heutigen Natur- und Landschaftsverständnis<br />

zurückzuführen ist, sondern auch auf den Bedeutungswandel<br />

urbaner Öffentlichkeit.<br />

Der von der romantischen Natursehnsucht im späten 19. Jahrhundert ausgelöste<br />

und gegenwärtig durch die digitale Bildflut angeheizte Hunger der<br />

Industriegesellschaften nach idyllischen Bildern von unberührter, harmonisch<br />

gestalteter Natur und die Sucht nach immer neuen Freizeitoptionen ist<br />

mit traditionellen Stadtparkkonzepten nicht mehr zu stillen. Ebenso wenig<br />

ist von neuen suburbanen Stadtplätzen zu erwarten, dass sich darin noch<br />

das öffentliche Leben in gewohnter Weise widerspiegelt. Das überkommene<br />

Bild städtischer Öffentlichkeit ist längst durch neue Arten des Raumgebrauchs<br />

in Frage gestellt und muss neu definiert werden. „So wäre es<br />

auch möglich“, schreibt Klaus Selle, „unbelastet vom kulturpessimistischen<br />

Postulat des ‚Verfalls und Endes des öffentlichen Lebens’ (vgl. Sennett 1998)<br />

zeitgemäße Funktionen und Nutzungsformen öffentlicher Räume zu entdecken<br />

und nach Folgerungen für Planung, Bau oder Pflege und Entwicklung<br />

zu fragen [...]“ (Selle 2002). Der urbane Hybridraum, jener dialektische,<br />

transparente Ort zwischen Park und Platz, Alt und Neu, Natürlichkeit und<br />

Künstlichkeit entzieht sich der eindeutigen Lesbarkeit und ist womöglich<br />

gerade deshalb als zeitgemäßer Freiraumtyp weiter zu entwickeln.<br />

Literatur<br />

Freyermuth, G. S.: „Warum hast Du so große Ohren?“<br />

in Neue Zürcher Zeitung Folio. Juli 1998<br />

Geuze, A.: „Moving beyond Darwin“.<br />

in Knuijt, M., Ophuis, H., Van Saane, P. (Hg.): Modern Park Design. Recent Trends.<br />

Amsterdam 1993<br />

Kienast, D. zitiert aus: Weilacher, U.: Zwischen Landschaftsarchitektur und Land Art.<br />

Basel / Berlin / Boston 1996/1998<br />

Rauterberg, H.: „Drinnen ist draußen. Draußen ist drinnen. Hat der öffentliche Raum noch eine<br />

Zukunft?“ in Deutsches Architektenblatt. Februar 2001<br />

Selle, K.: „Stadt und öffentlicher Raum. Thema mit Variationen.“<br />

in Kornhardt, D., Pütz, G., Schröder, T. (Hg.):<br />

Mögliche Räume. Stadt schafft Landschaft. Hamburg 2002<br />

Spielberg, S.: Deconstructing Minority Report. Twentieth Century Fox 2002<br />

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