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5 Jahre - Landesinitiative StadtBauKultur NRW

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Theming als Legitimationsstrategie<br />

Multimedial kommunizierte urbane Mythen und die Verwendung<br />

historisierender Zitate dienen aber nicht nur als<br />

Vermarktungsinstrument, sondern können, wie das Beispiel<br />

des Times Square zeigt, auch als Legitimationsstrategie für<br />

Stadterneuerungsprojekte eingesetzt werden. Federführend<br />

bei der Renaissance des einst als kriminell verschrienen<br />

New Yorker Vergnügungsviertels war die Walt Disney<br />

Company, und das familienfreundliche Image des Konzerns<br />

diente dabei als Leitstern und Schutzschild der Touristen<br />

und Vorortbewohner, die das Quartier vorher lange Zeit<br />

gemieden hatten. Angesichts öffentlicher Kritik an einer<br />

möglichen kulturellen Homogenisierung versuchte der<br />

Disney-Konzern seine Version des Times Square in der<br />

Öffentlichkeit als die bestmögliche Lösung zu präsentieren,<br />

und dabei spielte die Architektur eine herausragende Rolle.<br />

Denn die neuen Entertainmenteinrichtungen sind nach<br />

Gestaltungsprinzipien entworfen worden, die auf das Aussehen<br />

des Vergnügungsviertels in der ersten Hälfte des<br />

20. Jahrhunderts Bezug nehmen. Der beauftragte Robert<br />

A.M. Stern, Architekt und Mitglied des Disney-Aufsichtsrats,<br />

hatte bei seinen Umbauvorschlägen von Anfang an betont,<br />

dass die äußerlichen Merkmale, die den Times Square seit<br />

Beginn des Jahrhunderts auszeichneten, wie die Werbetafeln und das<br />

Nebeneinander hoher und niedriger Gebäude, durch das Projekt noch<br />

stärker als bisher zum Tragen kommen sollten. Mit diesem Konzept erreichte<br />

der Architekt, dass der heutige Times Square nach seiner Neubebauung<br />

zwar eine aus Disneyland bekannte Form von Entertainment und Sicherheit<br />

bietet, gleichzeitig aber durch die gestalterische Bezugnahme auf die Vergangenheit<br />

des Ortes dem Betrachter ein Gefühl von großstädtischer Vielfalt<br />

vermittelt.<br />

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet der Disney-Konzern eine solche Herangehensweise<br />

liefert, denn es ist eben diese Kombination aus Abwechslung<br />

und Wiedererkennbarkeit, die schon den Disney-Themenparks zugrunde<br />

liegt. Wie Sharon Zukin dargestellt hat, ist Disneyland vor allem eine dreidimensionale<br />

Collage von Motiven wie dem Wilden Westen, dem europäischen<br />

kulturellen Hintergrund oder der Kleinstadt der Ostküste, die für das<br />

kollektive Gedächtnis der weißen Mittelschicht konstituierend sind (Zukin<br />

1995). Die Fähigkeit, solche Elemente in eine leicht wiedererkennbare und<br />

konsumierbare Form zu bringen, war die Basis für Disneys Aufstieg zum<br />

Weltkonzern – und eben diese Gestaltungsmethode wird nun auch im<br />

Stadtplanungsbereich angewendet. Dabei wird die Geschichte eines Ortes<br />

auf einen Mythos reduziert und dann als Bild reproduziert, um ein neues<br />

Projekt zu legitimieren, das vor allem der touristischen Attraktivität und<br />

damit dem Unterhaltungskonzern selbst dient.<br />

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