5 Jahre - Landesinitiative StadtBauKultur NRW
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Oliver Wittke<br />
Minister für Bauen und Verkehr<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
Der Dramatiker Ödön von Horváth hat einmal gesagt: „Eigentlich bin ich<br />
ganz anders, aber ich komme so selten dazu.“ Manchmal fällt mir diese<br />
Formulierung ein, wenn ich an den Zustand der Baukultur in Deutschland<br />
denke. Denn „eigentlich“ ist jeder für mehr Baukultur, für den Erhalt und<br />
die Pflege von Baudenkmalen, für einen qualitätvollen öffentlichen Raum<br />
und für möglichst gute Architektur. Natürlich ist niemand ausdrücklich<br />
gegen Baukultur. Aber spätestens dann, wenn es konkret wird, wenn<br />
schnell gebaut und geplant werden soll, wird sie gelegentlich unbequem.<br />
Dann kostet Baukultur möglicherweise Zeit und Geld. Und dann setzen<br />
schnell Überlegungen ein, ob es in diesem besonderen „Einzelfall“ nicht<br />
auch ohne besondere bauliche Qualitäten geht. Schlimmer noch: In der<br />
gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation werden solche Einzelfälle fast<br />
regelmäßig zum Normalfall.<br />
Wer also heute mehr Baukultur will, wird mit Widersprüchen umgehen<br />
müssen. Auf der einen Seite sind Architektur und Städtebau konstituierende<br />
Bestandteile unserer Kultur. Auf der anderen Seite bleibt die Senkung von<br />
Baukosten ein ökonomisches Gebot der Stunde. Einerseits sind Baudenkmale<br />
für die Profilierung von Standorten so wichtig wie nie zuvor; andererseits<br />
fällt es immer schwerer, die zum Erhalt dieser Denkmale erforderlichen<br />
Mittel aufzubringen. Während es in der Wirtschaft inzwischen heißt, dass<br />
die Schnellen die Langsamen fressen, brauchen baukulturelle Qualifizierungsprozesse<br />
vor allem Zeit.<br />
4<br />
Vorwort<br />
Nicht alle genannten Widersprüche sind wirkliche Widersprüche.<br />
„Gut bauen“ heißt keineswegs „teurer bauen“.<br />
Gute Architektur stützt die ökonomische Werthaltigkeit von<br />
Gebäuden. Letztendlich wird man in der Baukulturdiskussion<br />
nur dann vorankommen, wenn man den gesellschaftlichen –<br />
und auch den immateriellen – Wert von Architektur und<br />
Städtebau, von Ingenieurbauwesen und Landschaftsgestaltung<br />
anerkennt. Welche Gebäude, Plätze oder Parks werden<br />
wir der nachfolgenden Generation als potenzielle Denkmale<br />
hinterlassen? Wird irgendjemand einmal über die baukulturellen<br />
Fingerabdrücke unserer Zeit ins Schwärmen kommen?<br />
Die Folgen der baukulturellen Gedankenlosigkeit sind heute<br />
schon sichtbar. Die Stadtflucht und ihre enormen Kosten<br />
sind – zu Ende gedacht – auch ein Problem der Baukultur.<br />
Wenn wir über die Strukturkrise der Bauwirtschaft nachdenken<br />
und darüber, welche Perspektiven sie langfristig hat,<br />
so ist dies auch ein Problem der Baukultur.<br />
Wir machen einen großen Fehler, wenn wir Baukultur allein<br />
als die Kunst der ästhetischen Optimierung definieren.<br />
Sie ist eben keine ideologische Oberflächenformel oder nur<br />
Urbanitätsreklame. Baukultur ist vielmehr angewandte<br />
Strukturpolitik. In Zeiten der schrumpfenden Städte kann<br />
die Bauwirtschaft nicht mehr allein auf die Wachstumskarte<br />
setzen. Das System der möglichst hohen Bauleistung und<br />
des „noch mehr desselben“ funktioniert nicht mehr; wir<br />
brauchen mehr Qualität, intelligentere Bauweisen und vernetzte<br />
Formen des Planens: eben mehr Baukultur.<br />
Mit der <strong>Landesinitiative</strong> <strong>StadtBauKultur</strong> <strong>NRW</strong> hat das Land<br />
Nordrhein-Westfalen in den letzten fünf <strong>Jahre</strong>n den Versuch<br />
unternommen, baukulturell konkret zu werden. Die Basis<br />
dafür waren über siebzig Projekte aus dem gesamten<br />
Spektrum des Baugeschehens. Ziel war immer, eine Diskussion<br />
darüber zu beginnen, wie „gutes Bauen in <strong>NRW</strong>“ aussehen<br />
muss.