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5 Jahre - Landesinitiative StadtBauKultur NRW

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2. Verständigungsprobleme?<br />

Kommunikationsaufgaben?<br />

Um die Fülle der Herausforderungen zu verdeutlichen, kann<br />

man weit ausholen – und früh beginnen, zum Beispiel bei<br />

der Urhütte. Deren Entstehung und Entwicklung wird man<br />

sich als kontinuierliches Palaver vorstellen dürfen: Die Erprobung<br />

geeigneter Techniken bedurfte des Erfahrungsaustausches,<br />

die Beschaffung der Baustoffe musste gemeinsam<br />

organisiert werden und das Zusammenfügen vor Ort wird<br />

wohl auch lautreich erfolgt sein. Dieser Urzusammenhang<br />

der am Planen und Bauen Beteiligten zerfiel im Laufe der<br />

Geschichte in immer stärker ausdifferenzierte Rollen: Bauherren<br />

und Nutzer trennten sich, Handwerker unterschieden<br />

sich in zunehmend spezialisierte Gewerke, die Baumeister<br />

traten auf den Plan – zunächst noch als Generalisten, dann<br />

in immer weitere Einzeldienstleistungen sich aufgliedernd,<br />

das Öffentliche wurde vom Privaten geschieden und – überspringen<br />

wir die Zeiten – heute reichen die viele Quadratmeter<br />

großen Bauschilder kaum aus, um alle Beteiligten<br />

eines Vorhabens aufzulisten.<br />

Dieser Prozess hat nicht zuletzt das Entstehen von wechselseitigen<br />

Vorurteilen befördert: Architekten halten Ingenieure<br />

für gestalterisch unbegabte Techniker und jene diese<br />

für formverliebte Tagträumer. Nutzer sehen in Architekten<br />

gerne Zeitgenossen, die sich auf Kosten anderer Denkmäler<br />

setzen und Stadtplaner sind ihnen diejenigen, die die Städte<br />

hässlich machen. Fachleute hingegen sprechen von den<br />

Nutzern oder der breiten Öffentlichkeit gerne als Laien, die<br />

von der Sache nichts verstehen und denen ein halbwegs<br />

akzeptables Geschmacksempfinden ohnehin abgesprochen<br />

werden muss. Erleichtert wird die Pflege solcher Vorurteile<br />

dadurch, dass man den Kontakt untereinander meidet und<br />

sich an der eigenen Bezugsgruppe orientiert. Beredt ist<br />

man zwar allenthalben, aber weitgehend sprachlos, was die<br />

Kommunikation zwischen den verschiedenen Gruppen<br />

betrifft.<br />

Solche Vorurteile beinhalten immer auch Unkenntnis. Häufig<br />

wissen zum Beispiel die Produzenten und Entscheider<br />

nicht, was die Nutzer und Endverbraucher eigentlich wollen,<br />

wie sie Gebäude und Stadt wahrnehmen, nutzen, was sie<br />

aus welchen Gründen schön oder hässlich finden, welche<br />

Bedürfnisse und Interessen sie haben. Eine Zeit lang spran-<br />

68<br />

gen hier die Sozialwissenschaften helfend ein, aber die fragt heute kaum<br />

noch jemand. Ihre Lücke füllt in zunehmendem Maße die Marktforschung,<br />

gerade weil der Immobilienmarkt so unstet geworden ist. Der eigentlich<br />

naheliegende Versuch direkter Verständigung – zwischen Produzenten und<br />

Nutzer – wird selten unternommen. Insofern steckt in der unschuldig daher<br />

kommenden Überlegung, es müsse bei der Förderung der Baukultur letztlich<br />

darum gehen, dass die Menschen „sich in ihren Häusern, ihren Städten<br />

wohler fühlen…“ (Rauterberg in: Förderverein 2001, S. 41) gleich in mehrfacher<br />

Hinsicht Sprengkraft: Fühlen sie sich wirklich so unwohl? Wer fragt<br />

sie denn? Und: Würde jemand die Antworten ernst nehmen, die dann zu<br />

hören wären?<br />

Dieses seit alters her bekannte Kommunikationsproblem wird ergänzt und<br />

erweitert durch neuere Aufgaben, die gleichfalls mit den Baukultur-Initiativen<br />

thematisiert werden. So ist die Rede davon, dass auf die Leistungen der<br />

baulichen Berufsstände aufmerksam gemacht werden soll. Diese Marketingbemühungen<br />

richten sich an die hiesige Öffentlichkeit, sollen aber auch<br />

Investoren und Bauherren in aller Welt ansprechen, auf dass deutsche Baudienstleistungen<br />

noch deutlicher als wichtiges Exportgut sichtbar werden<br />

(vgl. auch BMVBW S. 52). Auch der Strukturwandel vieler Städte gibt Anlass<br />

zu mehr Kommunikation: Die Folgen wirtschaftlicher Umbrüche und demographischer<br />

Verwerfungen lassen sich nur in gemeinsamen Anstrengungen<br />

bewältigen. Damit wird zugleich auf tief greifende Rollenveränderungen in<br />

der Aufgabenverteilung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft verwiesen:<br />

Der Staat kann nicht (mehr) alles richten. Kooperationen sind unverzichtbar –<br />

auf allen Ebenen und zwischen verschiedenen Beteiligten (vgl. Selle 2005),<br />

Kooperationen, die ohne intensive Verständigungsarbeit nicht zu haben<br />

sind.<br />

Der Bedarf an Kommunikation ist also groß und besteht aus den verschiedensten<br />

„Kommunikationen”:<br />

- Marketing: Die Öffentlichkeit soll von den Leistungen der Architekten und<br />

Ingenieure in Kenntnis gesetzt werden;<br />

- Qualitätsdiskurs: Alle am Planen und Bauen Beteiligten sollen in Diskurse<br />

über mehr Qualität eingebunden werden;<br />

- kommunikative Projektentwicklung: Einzelne Vorhaben sollen in offenen<br />

und transparenten Verfahren unter Einbeziehung aller relevanter Akteure<br />

projektiert und realisiert werden;<br />

- Kooperation: Für viele Aufgaben sind Partner zu gewinnen und in<br />

gemeinsam getragene Prozesse einzubinden.<br />

Aber reicht das, um die bislang zu beobachtende Sprachlosigkeit zwischen<br />

den verschiedenen Gruppen zu überwinden? Wohl kaum, wenn über die<br />

Verkündung guter Absichten hinaus nicht auch Konkretes geschieht.

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