5 Jahre - Landesinitiative StadtBauKultur NRW
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1. Wovon ist die Rede? Ausgangspunkte<br />
Die Verständigung über komplexe Themen wie Kommunikation und Baukultur<br />
scheitert oft schon daran, dass man sich nicht vergewissert, von was<br />
eigentlich die Rede ist. Daher sei hier eingangs der Versuch unternommen,<br />
bei den beiden Begriffen zumindest jene Aspekte ins Auge zu fassen, die für<br />
die Auseinandersetzung mit den kommunikativen Dimensionen von Baukultur<br />
wichtig sind.<br />
Beginnen wir mit der „Kultur“. Das Wort bezeichnet dem Wortursprung<br />
(colere/cultura) nach unter anderem „Pflege” – von Körper, Geist, Acker<br />
und so weiter. Im erweiterten Sinne ist häufig auch von „Beschäftigung”<br />
die Rede. Aus „Pflege“ und „Beschäftigung” entstehen Produkte materieller,<br />
geistiger und sozialer Art: Werkzeuge, Sprache, Schrift, Kunst, Wissenschaft,<br />
Recht, Gebäude, Städte, soziale Formationen, um nur einige zu nennen.<br />
Weil das Spektrum so weit ist und die Gesamtheit aller Lebensumstände<br />
umfassen kann, liegen Kultur und Zivilisation inhaltlich eng zusammen.<br />
Für die Frage nach der Kommunikation folgt daraus zweierlei: Kultur ist Produkt<br />
(Kulturgüter) und (sozialer) Prozess zugleich und sie ist in dem Maße<br />
vielfältig und widersprüchlich, wie es die Gesellschaft, deren Kultur man<br />
betrachtet, auch ist.<br />
Kommunikation ist daher Bestandteil von Kultur und zugleich Voraussetzung<br />
für ihre Entwicklung, denn das Voranschreiten von Wissenschaft, Kunst,<br />
Recht, sozialer Organisation etc. beruht zweifellos ganz wesentlich auf Verständigungsprozessen<br />
jeglicher Art.<br />
Kommunikation ist zudem unerlässlich, um Vielfalt und Widersprüche zu<br />
bewältigen, denn Kultur ist nicht auf ein Niveau, ein Ziel festgelegt, umfasst<br />
vielmehr alle gesellschaftlichen Hervorbringungen und existiert zumeist im<br />
Plural: Verschiedene (Teil-)Kulturen und kulturelle Praktiken stehen innerhalb<br />
einer Gesellschaft neben- und zum Teil gegeneinander (vgl. Eagleton<br />
2001, S. 21). Das kann zu einem untereinander kaum verbundenen, multikulturellen<br />
Vielerlei führen, entwickelt aber immer dort Spannung und die<br />
Notwendigkeit zur Kommunikation, wo gemeinsame Aufgaben gelöst oder<br />
Entscheidungen, die alle angehen, getroffen werden müssen.<br />
Die Frage zum Beispiel, wie die gemeinsame Umwelt sich<br />
entwickeln soll, was, wo, wie gebaut werden kann und muss,<br />
wirft einen solchen Verständigungsbedarf auf – ob es nun<br />
um Hochhäuser in München, Brücken in Dresden, Plätze in<br />
Stuttgart, Kulturforen in Münster oder Stadien in Aachen<br />
geht.<br />
Womit die „Baukultur” angesprochen ist. Dabei scheint es<br />
sich auf den ersten Blick um einen Ausschnitt der allgemeinen<br />
Kultur zu handeln: Gebautes und zu Bauendes stehen<br />
im Mittelpunkt – und die Menschen, die damit befasst sind.<br />
Bei näherer Betrachtung wird allerdings aus dem Teil schnell<br />
wieder das Ganze: Baukultur ist eben nicht nur auf einzelne<br />
Gebäude gerichtet, sondern auf die Stadt, die Umwelt, in<br />
der wir leben, insgesamt und angesprochen sind nicht nur<br />
Bauschaffende, sondern alle Bürgerinnen und Bürger – mithin<br />
die Gesellschaft in ihrer ganzen Breite.<br />
Ansonsten teilt die Baukultur wesentliche Merkmale mit<br />
dem allgemeinen Kulturbegriff. Sie ist Produkt und Prozess:<br />
Gebäude, Stadt, gestaltete Landschaft sind ebenso Gegenstand<br />
des Baukultur-Begriffs wie deren Herstellung und der<br />
Umgang mit ihnen. Und sie ist das Abbild von Vielfalt: „Das<br />
gleichberechtigte Nebeneinander unterschiedlicher ästhetischer<br />
Ansätze“ ist für die Baukultur konstituierend und<br />
weist zugleich als „Wesensmerkmal einer demokratischen<br />
und pluralistischen Gesellschaft“ (BMVBW 2001, S.14) über<br />
sie hinaus. Und deshalb gilt auch hier: Kommunikation ist<br />
gleichermaßen Teil, Ausdruck und wesentliche Voraussetzung<br />
von Baukultur.<br />
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