5 Jahre - Landesinitiative StadtBauKultur NRW
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tastischen Ausstellungen mit historisch bedeutender Architektur<br />
nahezu überhaupt kein Interesse besteht. Schon bald<br />
aber erkannten wir, dass eine zentrale Aufgabe von uns verlangt<br />
wurde: die eines Auskunfts-, Service- und Kompetenzzentrums<br />
für Architektur überhaupt. Archiv, Sammlung,<br />
Bibliothek waren gefordert, um, da ist sie wieder, die Architektur<br />
vom Nullpunkt, überhaupt die Frage nach der Sache<br />
selbst zu beantworten.<br />
Aber selbstkritisch muss gefragt werden, ob wir damit nicht<br />
den Event-Zirkus einer Minderheit verstärken und weiter<br />
bedienen. Star-name dropping und geile Renderings, flotte<br />
Sprüche und Events, die nur mehr für die Medien veranstaltet<br />
werden. Das bedient zufrieden stellend den medialen Markt<br />
der Aufmerksamkeit. Dabei beobachteten wir aber, dass das<br />
historische Wissen immer kürzer greift. Schon jetzt werden<br />
von anderen Veranstaltern Themen wiederholt, die wir in<br />
unserer kurzen Geschichte vor <strong>Jahre</strong>n bereits abgehandelt<br />
hatten.<br />
Wir ziehen daraus die Konsequenzen und reihen die Arbeit<br />
als „Schneepflug“ für die letzten News der Szene etwas<br />
zurück und entwickeln uns vorwärts zum Museum, das als<br />
Zwischenlager der kulturellen architektonischen Produktion<br />
zum Maßstab des Wertes wird. Aber welche Aufgabe haben<br />
wir heute in dieser Funktion?<br />
Das Sammeln von schönen Blättern, die historische Aufgabe<br />
von Architekturarchiven bleibt unverzichtbar für den kulturellen<br />
„Speicher“ der Gesellschaft. Dagegen aber hat uns<br />
die Architekturproduktion der Moderne neue Schwerpunkte<br />
beschert. Nicht mehr die künstlerische Zeichnung allein,<br />
sondern der gesamte Entstehungsprozess eines Bauwerks<br />
benötigt die archivarische und museologische Dokumentation.<br />
Wir müssen darüber Auskunft geben können, wie Architektur<br />
– als Idee und Bau – entsteht. Erst dann wissen wir, was<br />
Baukultur ist, und welchen Beitrag sie für eine allgemeine Kultur leistet.<br />
Wenn wir beispielsweise das Modell der Villa in Bordeaux besitzen, dann ist<br />
dies ein schönes Dokument. Wichtiger aber noch sind die zugehörigen<br />
Mappen mit den Kopien der Korrespondenz zwischen Rem Koolhaas, OMA<br />
und dem Bauherrn. Mit der Dokumentation der Prozesse verfügen wir über<br />
jenes Material, das analytisch und diskursiv die Qualitäten von Architektur<br />
aufarbeiten, aufbereiten und vermitteln kann. Und das ist viel mehr, als die<br />
Denkmalämter der bisher historischen Architektur widmen konnten.<br />
Indem wir die Architektur mit ihren Dokumenten nicht als singuläre künstlerische<br />
Leistung, sondern als Ergebnis eines wirtschaftlichen, technischen,<br />
sozialen und politischen Prozesses verstehen lernen, sind wir auch in der<br />
Lage, das einzelne Objekt der medialen Begierde als Teil einer allgemeinen<br />
Baukultur einzuordnen. Und auf einmal wird mit diesen Parametern jedes<br />
Objekt, jeder Bau zu einer Welterklärung. Ab diesem Moment verschwinden<br />
die Grenzen von Stararchitektur und der alltäglichen Bauproduktion. Beides<br />
wird gleich wichtig.<br />
Damit stehen wir als Wissens- und Kompetenzzentrum mit museologischem<br />
Ewigkeitsanspruch vor der Frage: Was ist Architektur? Und müssen wieder<br />
einmal eingestehen: Wir wissen es nicht! Wir können nur beobachten und<br />
analysieren, wohin sich das Interesse der Architekten und der „Markt der<br />
Architekturvermittlung“ entwickeln. Aber wir dürfen, kraft unserer Kenntnisse,<br />
diesem Interesse nicht bedingungslos folgen.<br />
Architektur vom Nullpunkt heißt für uns, das ständig neue Denken über die<br />
Kunst der Architektur anhand unseres Wissensspeichers zu erkunden, zu<br />
überprüfen, zu dokumentieren und zu präsentieren. Architektur vom Nullpunkt<br />
bedeutet für uns aber auch, diese Architektur mit einem allgemeinen<br />
öffentlichen Interesse an der gebauten Umwelt zu verbinden. Das führt zu<br />
einem ständigen Pendeln des Interesses zwischen den Kategorien des Erhabenen<br />
und des Alltäglichen, zwischen Szene und Öffentlichkeit.<br />
Und zum Schluss darf man auch den grundsätzlichen Unterschied zwischen<br />
Architektur und Architekturvermittlung nicht vergessen: Bauten müssen im<br />
Regelfall benutzt werden. Die Vermittlung aber findet nur statt, wenn man<br />
ein Publikum dafür interessieren und gewinnen kann.<br />
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