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ichtig! bei den Sozialdemokraten, Zurufe und hört! hört! rechts, erregte Zurufe bei den Vereinigten<br />

Kommunisten). Zwischen Nichterfüllen und Erfüllen liegt der Faktor der Not. Die Not hätte ich gern<br />

vermieden, die kommen wird, wenn wir ehrlich erfüllen sollen. (Erneute Zurufe rechts). Ob man<br />

erfüllen kann, hängt von dem Maße der Not ab, in die man sich begibt. (Erregte Zurufe rechts). Es gibt<br />

keine absolute Unerfüllbarkeit, denn es handelt sich lediglich darum, wie tief man ein Volk in Not<br />

geraten lassen darf.“<br />

Vor der Entscheidung über Annahme oder Ablehnung hatte es allerdings einen Augenblick lang den<br />

Anschein, als ob die große Mehrheit des Reichstages davor zurückschreckte, abermals unerfüllbare<br />

Verpflichtungen zu übernehmen und so mit eigener Hand die uns angedrohte Gewalt in Recht zu<br />

verwandeln. Sogar die Mehrheitssozialdemokratie schien damals nicht gewillt, einen neuen Akt der<br />

Unterwerfung unter ein unausführbares Diktat mitzumachen. Damals schrieb der „Vorwärts“ als<br />

Antwort auf französische Stimmen, die der Sozialdemokratie im Interesse der „Völkerversöhnung“ zur<br />

Unterwerfung rieten: „Von allen Versprechungen, die uns gemacht worden sind, ist keine einzige<br />

gehalten worden. Hinter der Maske internationalen Verständigungsstrebens traten immer wieder die<br />

Züge eines bald naiven, bald verschmitzten Nationalismus hervor. Ehrliches Verständnis dafür, dass<br />

wir als Sozialdemokraten auch die Interessen unseres eigenen schwer bedrängten Volkes zu vertreten<br />

verpflichtet sind, haben wir jenseits der deutschen Grenzen immer nur bei einem Teil der<br />

Arbeiterschaft und bei überzeugten, internationalen Sozialisten gefunden, niemals bei den<br />

verantwortlichen Staatsmännern Frankreichs oder Englands und erst recht natürlich nicht in der<br />

Pariser Boulevardpresse. Kurz und gut: fragt man uns, ob wir unserem eigenen Volk helfen, den<br />

wahren Frieden herstellen, ein ehrliches auf Gleichberechtigung und gegenseitiger Achtung<br />

beruhendes Verhältnis zwischen den Völkern herstellen wollen, dann antworten wir Ja und tausendmal<br />

Ja! Aber auf die Frage, ob wir uns zum Anwalt und Vollzieher unausführbarer, vernichtend wirkender,<br />

jeden wahren Frieden zerstörender Forderungen machen wollen, gibt es als Antwort nur ein<br />

entschiedenes, eindeutiges Nein!“<br />

Am folgenden Tag veröffentlichte der sozialdemokratische Reichstagspräsident Löbe in der „Breslauer<br />

Volksmacht“ einen Artikel, in dem es hieß:<br />

Auch die Sozialdemokraten sind wie alle bürgerlichen Parteien von der Unmöglichkeit der Erfüllung<br />

der geforderten Leistungen überzeugt. Auch sie können die Verantwortung für ein Dokument, das<br />

Kinder und Kindeskinder in Schuldknechtschaft hält, nur gemeinsam mit allen anderen Volksgenossen<br />

übernehmen. Alle Parteien, nicht nur wir, müssen vor die Frage gestellt werden, ob sie die<br />

Auslieferung deutschen Gebiets an die Feinde oder den Versuch der Bezahlung horrender<br />

Geldsummen für den richtigen Ausweg aus unserer verzweifelten Lage halten… Regierung und<br />

Sozialdemokratie können den Riesenschuldschein nur dann unterschreiben, wenn auch die<br />

Deutschnationalen erklären, dass es keinen anderen Ausweg gibt… Die auswärtige Lage unseres<br />

Landes ist so verzweifelt, dass hier die oft missbräuchlich verlangte „Einheitsfront“ in Wirksamkeit<br />

treten muss — gemeinsam müssen wir den Druck der Feinde tragen, wenn der letzte Versuch scheitert,<br />

gemeinsam müssen wir die Verpflichtungen erfüllen, wenn sie uns vor dem Äußersten bewahren<br />

sollten, gemeinsam muss auch die Verantwortung für beides getragen werden!<br />

Der sozialdemokratische Reichstagspräsident hat also damals —zwei Wochen vor der Entscheidung<br />

über das Ultimatum — die Erfüllung der Ententeforderungen für unmöglich erklärt; er hat die<br />

Zustimmung seiner Partei zu der Unterwerfung unter das Ultimatum davon abhängig gemacht, dass<br />

alle anderen Parteien, auch die Deutschnationalen, für diese Unterwerfung und ihre Folgen die volle<br />

Mitverantwortung übernehmen würden. Er hat die Herstellung einer Einheitsfront zur Abwehr des<br />

ungeheuren Druckes als das Gebot der Stunde bezeichnet. Diese seine Auffassung von der Lage und

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