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“semitisches pantheon”. eine “männliche tyche” - MOSAIKjournal.com

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178| WIEBKE FRIESE<br />

daher nicht erwünscht. Diese besondere Ritualintimität erforderte<br />

auch <strong>eine</strong> besondere Umgebung, die zwar abhängig von der Orakelmethode<br />

variieren konnte, jedoch immer dieselben Merkmale<br />

aufwies: Sie isolierte den Klienten räumlich vom übrigen Heiligtum,<br />

ermöglichte damit den mehr oder weniger ungestörten Kontakt mit<br />

dem Gott und unterschied sich in der Regel deutlich von der, dem<br />

Klienten vertrauten Alltagsumgebung. Die hier aufgeführten Kultstätten<br />

weisen in diesem Zusammenhang folgende rituelle wie architektonische<br />

Gemeinsamkeiten auf:<br />

- Das Alter scheint für die Glaubwürdigkeit <strong>eine</strong>s Orakels ein<br />

wichtiges Indiz gewesen zu sein. Klaros, Herakleia und Lebadeia<br />

waren in römischer Zeit bereits seit Jahrhunderten etabliert.<br />

Bei der Neugründung des Glykonkultes wurde besonderer<br />

Wert auf die vor langer Zeit gesprochene Vorhersage des<br />

Apollon von Kalchedon gelegt.<br />

- Das zentrale Orakelritual hatte mit <strong>eine</strong>m direkten bzw. mediumgesteuerten<br />

Kontakt zum Gott zu tun. Somit kommunizierte<br />

der Klient auf unmittelbarem Wege mit dem Gott, was dem<br />

Kult <strong>eine</strong>n gewissen privilegierten und spirituell höheren Charakter<br />

gab. Damit gleichen sie den ebenfalls in römischer Zeit<br />

so beliebten Mysterienkulten, was sich auch im rituellen Ablauf<br />

widerspiegelt. In Lebadeia und vermutlich auch in Herakleia<br />

und in Klaros wurden die Klienten durch Priester <strong>eine</strong> mehr<br />

oder weniger lange Zeit auf die Orakelbefragung vorbereitet.<br />

In Abonuteichos wurden Mysterienfeiern sogar bewusst als <strong>eine</strong><br />

Art höhere Stufe in den Kult integriert.<br />

- Orakelritual und -ort hatten <strong>eine</strong> gewisse gefährliche (chthonische)<br />

Konnotierung. In Herakleia und Lebadeia traten die<br />

Orakelklienten in Kontakt mit <strong>eine</strong>m Toten. In Klaros stiegen<br />

sie in ein nicht einsehbares Kellergewölbe zu <strong>eine</strong>m durch das<br />

Trinken des mantischen Wasser in Trance versetzten Priester<br />

hinab. In Abonuteichos betraten sie <strong>eine</strong>n dunklen Raum mit<br />

<strong>eine</strong>m drachenähnlichen Wesen.<br />

- Das zentrale Ritual fand schließlich in <strong>eine</strong>m kompliziert gestalteten<br />

(natürlichen oder artifiziellen) Umfeld statt, das fast<br />

immer <strong>eine</strong>n höhlen- bzw. labyrinthähnlichen Charakter hatte.<br />

Die in römischer Zeit vorgenommenen Um- bzw. Einbauten<br />

haben zudem alle das Ziel, den Klienten so stark wie möglich<br />

abzuschirmen und sein Ritualempfinden zu verstärken. In Lebadeia,<br />

Klaros und Herakleia wurden sowohl die Eingänge als

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