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“semitisches pantheon”. eine “männliche tyche” - MOSAIKjournal.com

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ZWISCHEN KULT UND KOMMERZ | 181<br />

Verbandes gewöhnt hatte. In Herakleia führt der klaustrophobisch<br />

enge dromos urplötzlich in <strong>eine</strong> weite Höhle mit <strong>eine</strong>m stehenden<br />

Gewässer, das dem Klienten bei spärlicher Beleuchtung durchaus<br />

als Ufer des Styx hätte erklärt werden können. Ein weiterer enger<br />

Tunnel führte an <strong>eine</strong>r Reihe von Kultnischen vorbei in <strong>eine</strong> weitere<br />

Kammer – alles in völliger Dunkelheit oder nur von wenigen<br />

Fackeln erleuchtet. Auch für die übrigen hier vorgestellten Orakelstätten<br />

kann <strong>eine</strong> solche Stimmung angenommen werden. So gilt<br />

ähnliches wahrscheinlich auch für das Orakel von Klaros, wo sich<br />

die mantische Quelle in <strong>eine</strong>m Raum unterhalb der Tempel-cella<br />

befand. Der in römischer Zeit erweiterte und vermutlich auf <strong>eine</strong>n<br />

früheren Vorgängerbau zurückgehende Raum befand sich am Ende<br />

<strong>eine</strong>s labyrinthartigen nicht beleuchteten Gangsystems, durch das<br />

die Klienten hindurch schreiten mussten und das dem Besucher die<br />

Enge und Dunkelheit <strong>eine</strong>r natürlichen Höhle vorspielte. Besonders<br />

deutlich beweisen dies nicht zuletzt auch die Erfahrungsberichte<br />

derjenigen, die das Orakel des Trophonios von Lebadeia<br />

durchlaufen hatten. Der Klient wurde zunächst in <strong>eine</strong>n Schacht<br />

hinab gelassen, von wo er durch ein enges Loch kriechen und<br />

schließlich mehrere Tage in vollständiger Dunkelheit allein unter<br />

der Erde verbringen musste, um dort dem toten Heros zu begegnen.<br />

37 Was dahinter lag, galt als ungewiss und war für jeden Menschen<br />

unterschiedlich. Nicht nur, dass er durch die völlige Dunkelheit<br />

s<strong>eine</strong>r Sicht und durch die hingestreckte Lage s<strong>eine</strong>r Mobilität<br />

beraubt war. Indem er mit den Füßen voran die enge Passage zum<br />

eigentlichen Orakelraum durchqueren musste, war der Klient dem<br />

Kommenden auch physisch wie psychisch vollkommen ausgeliefert.<br />

Auf diese Weise bedurfte der zentrale Orakelakt, das Gespräch<br />

mit den Toten oder dem Orakelheros, vermutlich auch k<strong>eine</strong>r, wie<br />

auch immer gearteten Simulation der Priester, sondern könnte<br />

durchaus, wie von D. Ogden vorgeschlagen, in Form von Inkubation<br />

in eben jenen innersten Kammern der Heiligtümer statt gefunden<br />

haben. 38 Der Klient war durch die natürliche Umgebung und<br />

37 Paus. 9, 32, 2; Plut. mor. 589F–592E.<br />

38 siehe zur Diskussion um die Methode der Inkubation im<br />

Toten- und Heroenorakel: OGDEN (2001) bes. 75–92; FRIESE<br />

(2010) Kap. II.

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