E-Paper | Falstaff Magazin Österreich 07/2019
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cover / ESSAY<br />
ESPRESSO ITALIANO:<br />
UN AMORE PER SEMPRE<br />
Berlusconi, Wirtschaftskrise, verpasste Fußball-WM – Italien hat es in den<br />
letzten Jahren nicht leicht gehabt. Vielleicht am schlimmsten ist aber, dass<br />
sich andere Länder plötzlich anmaßen, besseren Kaffee zu machen.<br />
Die teuersten Bohnen der Welt<br />
werden in Oslo oder Melbourne<br />
geröstet und in sogenannten<br />
Third-Wave-Cafés in<br />
Shanghai, Stockholm oder<br />
Tokio serviert. Barista-Weltmeister kommen<br />
aus Südkorea oder Polen, das Internet<br />
ist voll von Latte-Art-Bildern (wer wollte<br />
nicht schon immer einmal sein Porträt in<br />
Milchschaum statt in Öl sehen?), und das<br />
»Noma«, das berühmteste Restaurant der<br />
Welt, serviert keinen Espresso, sondern<br />
Filterkaffee.<br />
So wie bei jedem überhitzten Trend<br />
(Naturwein, Craft-Bier) ist auch beim<br />
Third-Wave-Kaffee jede Menge Untrinkbares<br />
dabei. Aber selbst manch Italiener räumt<br />
mittlerweile zerknirscht ein: Die richtig<br />
guten dieser modernen Kaffees sind eine<br />
andere Liga. Qualität, die es so bisher nicht<br />
gegeben hat. Sie mit klassischem italienischem<br />
Espresso zu vergleichen, ist ein wenig<br />
so, wie soliden Landwein neben großen<br />
Burgunder zu stellen.<br />
Heißt das, dass die Kaffeewelt bald<br />
untergeht? Dass das Mutterland des Kaffees<br />
nichts mehr zu melden hat? Aber nein.<br />
Italien mit seinen italienischen Espressobars<br />
wird noch sehr lange Koffein-Sehnsuchtsort<br />
bleiben. Die Italiener haben nämlich verstanden,<br />
was viele Third-Wave-Hipster nie<br />
kapieren werden: dass große Kaffeekultur<br />
nur sehr am Rande mit tollem Kaffee zu<br />
tun hat.<br />
Italiener gehen nicht ins Kaffeehaus, um<br />
Rhabarbernoten und Zitrusaromen in der<br />
Tasse zu erschnüffeln oder sich mit dem<br />
Barista über Fermentationstechniken auszutauschen.<br />
Sie trinken keinen Single Origin<br />
130 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />
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