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E-Paper | Falstaff Magazin Österreich 07/2019

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Bei der Arbeit am dampfenden Käsekessel<br />

finden sich drei Generation zusammen. Das<br />

Rühren, das Schneiden mit der Käseharfe,<br />

das Abschöpfen des Granulats mit dem<br />

Käsetuch, alles ist perfekt eingespielt und<br />

geht fast wortlos vonstatten. Es ist ein fast<br />

mystischer Prozess, wobei für jede Handlung<br />

exakt der richtige Zeitpunkt gefunden<br />

werden muss, damit die Qualität für einen<br />

Gruyère d’Alpage AOP stimmt. Béat vergourmet<br />

/ BERGKÄSE<br />

Die Senner achten auf Tierwohl<br />

und kennen jedes Tier beim<br />

Namen. Auf den Almen über<br />

dem mittelalterlichen Städtchen<br />

Gruyère liegt die Wiege der<br />

alpinen Käserkultur.<br />

Wenn die Kühe im<br />

Herbst von der Alm<br />

wieder ins Tal ziehen,<br />

ist das ein ganz<br />

besonderer Moment.<br />

Der Festakt des Almabtriebs ist ursprünglichstes<br />

Brauchtum, bei dem nur gefeiert<br />

wird, wenn Kühe und Senner den Sommer<br />

heil überstanden haben. Der Schweizer<br />

Käsemacher Béat Piller erzählt von der<br />

engen Beziehung zwischen Menschen und<br />

Kühen: Eines Tages war alles schon für den<br />

Auszug von der Alm vorbereitet, die Kühe<br />

sollten mit seiner Familie schon vorgehen,<br />

der Produzent von Gruyère d’Alpage AOP<br />

war noch mit der letzten Käseproduktion<br />

des Jahres beschäftigt und wollte so rasch<br />

wie möglich nachkommen. Einziges Problem:<br />

Die Kühe weigerten sich, ohne ihre<br />

wichtigste Bezugsperson loszugehen und<br />

ließen sich so lange nicht bewegen, bis der<br />

Senner selbst die Herde anführte.<br />

Geschichten wie diese sind es, die uns den<br />

einzigartigen Charakter von Bergkäse<br />

ansatzweise verstehen lassen. Auf den<br />

Almen der Schweiz und in <strong>Österreich</strong> haben<br />

die Kühe noch Namen, und die Beziehung<br />

von Mensch zu Tier ist so wie noch vor<br />

Hunderten Jahren. Auch der Käse wird<br />

noch so gemacht wie damals. Bei unserem<br />

Besuch auf der Alm der Familie Piller auf<br />

der Alp Vounetz hoch oben über dem Greyerzersee<br />

knistert bereits ein eindrucksvolles<br />

Feuer unter dem Kupferkessel, der bis oben<br />

hin mit Morgen- und Abendmilch gefüllt ist.<br />

In der uralten Almhütte verbringt die Familie<br />

die Sommermonate auf engstem Raum,<br />

Großeltern, Eltern und vier Kinder. »Die<br />

brauchen hier keinen Fernseher«, sagt Béat.<br />

»Die sind den ganzen Tag beschäftigt.« Tatsächlich<br />

helfen alle in der Almwirtschaft<br />

zusammen und jeder hat seine Aufgaben.<br />

Die Kinder sind von ihrem Sommersitz so<br />

fasziniert, dass sie sogar im Puppenspiel<br />

Rollen wie Hirte oder Senner vergeben.<br />

EIN MYSTISCHER PROZESS<br />

Fotos: Shutterstock, Bernhard Degen<br />

136 falstaff okt–nov <strong>2019</strong><br />

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