E-Paper | Falstaff Magazin Österreich 07/2019
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cover / KAFFEE-KULTUR<br />
Historische Kaffeehäuser wie dieses in Istanbul<br />
zeugen von der jahrhundertealten Geschichte, die<br />
Kaffee in verschiedensten Kulturen geschrieben hat.<br />
<<br />
Al-Mukha, einer<br />
Hafenstadt im<br />
Jemen, die zentral<br />
für den Handel<br />
mit den Bohnen<br />
war. Auch im Wort<br />
»Kaffee« zeigt sich<br />
der Einfluss des<br />
historischen Arabien:<br />
Es geht zurück<br />
auf das arabische<br />
»qahwa«. Von der Türkei aus –<br />
1554 wurde das erste Kaffeehaus in Istanbul<br />
eröffnet – schwappte die schwarze Welle<br />
nach Europa.<br />
AROMENBOMBE KAFFEEBOHNE<br />
500 Jahre später hat sich Kaffee zu einem<br />
Lifestyleprodukt von ungeahnten Ausmaßen<br />
entwickelt – selbst Kinderwagen kommen<br />
heute kaum noch ohne Kaffeebecherhalter<br />
aus. In den Third-Wave-Coffeebars<br />
stehen wuchtige, blank polierte Maschinen<br />
aus Edelstahl, an denen kundige Baristas<br />
agieren und cremige Spezialitäten zaubern.<br />
Ein paar Handgriffe, dann rinnt aus den<br />
Kolossen ein erstaunlich dünner Strahl in<br />
die Tasse, der von einer festen Crema (siehe<br />
Kaffee-ABC) gekrönt wird.<br />
Experten erschmecken Aromen von<br />
Melone, Nougat und Schokolade. »Fruchtbombe<br />
von Brombeere, Blaubeere und öliger<br />
Abgang«, lautet eine Beschreibung eines<br />
sortenreinen Espressos. »Weißer Pfirsich,<br />
Akazienhonig, Roiboos« eine andere. Hunderte<br />
Aromen, mehr als Wein, lösen sich<br />
aus den kleinen Bohnen. Dass es so viele<br />
sind, kann man sich vorstellen, wenn man<br />
in einer modernen Kaffeebar schon einmal<br />
einen fruchtigen Espresso getrunken hat.<br />
ARABICA VS.<br />
ROBUSTA<br />
Wer sich ein wenig näher mit<br />
Kaffee beschäftigt, stößt<br />
schnell auf das Begriffspaar Robusta<br />
und Arabica. Für eine Eselsbrücke<br />
kann man sich grob vom Wortlaut<br />
leiten lassen: Wie der Name<br />
schon andeutet, steht Robusta-<br />
Kaffee überwiegend für handfeste<br />
Aromen. Sein Körper ist voller und<br />
die Crema sieht schöner aus. Die teuersten<br />
und erlesensten Kaffees, die<br />
man bekommen kann, sind fast immer<br />
Arabica-Sorten. Sie wachsen auf bis zu 2000<br />
Metern Höhe und sind anspruchsvoller, was<br />
Böden und Klima angeht. Aufgrund der Höhenlage<br />
reifen diese Arabica-Pflanzen langsamer,<br />
was die Aromenvielfalt begünstigt.<br />
Viele Kaffeetrinker vertragen Arabica-Kaffees<br />
besser als Robusta-Sorten, die meist<br />
eine höhere Bitterkeit aufweisen. In vielen Espressomischungen<br />
kommt neben einem<br />
überwiegenden Anteil Arabica auch ein kleiner<br />
Teil Robusta zum Einsatz, um die Vorteile<br />
beider Sorten zu kombinieren. Weltweit liegt<br />
der Anteil von Robusta bei 35 bis 40 Prozent,<br />
die größten Produzenten sind Vietnam und<br />
und Indonesien. Wichtige Arabica-Länder<br />
sind neben Brasilien insbesondere Kolumbien<br />
und Äthiopien. Interessant für Koffein-<br />
Junkies: Robusta-Sorten haben üblicherweise<br />
die doppelte Menge Koffein wie Arabica.<br />
Seitdem – ausgehend von den skandinavischen<br />
Ländern – die Speciality-Coffee-<br />
Bewegung entstanden ist, hat sich die Röstung<br />
verändert: Nicht mehr dunkel und fast<br />
schon verbrannt trinken Kaffee-Aficionados<br />
ihren Espresso, sondern möglichst hell,<br />
damit Frucht und Aromenvielfalt noch<br />
schmeckbar sind.<br />
Botanisch möglich ist der Anbau in einem<br />
schmalen Streifen rund um den Äquator,<br />
dem Kaffeegürtel. Kaffeepflanzen gedeihen<br />
am besten in einem Wechselklima aus<br />
Feuchte und Trockenheit, ohne große Temperaturausschläge<br />
und mit genügend Niederschlag.<br />
Das qualifiziert einige Länder für<br />
den Anbau, die besten Qualitäten stammen<br />
heutzutage aus Lateinamerika sowie aus<br />
einigen afrikanischen Ländern – ein Qualitätsmerkmal<br />
ist (wie auch oft beim Wein),<br />
dass die Pflanzen in etwas größerer Höhe<br />
wachsen. Kaffeenerds schwören auf Äthiopien<br />
und Kenia. Vor allem in den kleinbäuerlichen<br />
Betrieben ist die Qualität der Plantagen<br />
oft exzellent, jeder Strauch wird hier<br />
per Hand geerntet.<br />
Wenn von diesen Kaffees die Rede ist,<br />
dann gehören sie fast immer zur Art der<br />
Arabica-Pflanzen. Ihr gegenüber steht Kaffee<br />
aus der Robusta-Familie, die botanisch zu<br />
einer anderen Gattung gehört (für genauere<br />
Erklärung s. Kasten links). Lieferanten für<br />
Robusta sind etwa Vietnam und Brasilien.<br />
Brasilien als größter Kaffeeproduzent der<br />
Welt ist generell für Massenware bekannt,<br />
die überwiegend maschinell geerntet wird.<br />
Man muss schon genauer hinschauen, um<br />
dort exzellente Kaffees zu finden. Der italienische<br />
Röster Illy macht sich die Mühe<br />
Je nach Verhältnis von Arabica- und Robusta-Sorten<br />
sieht der fertig gebrühte Kaffee heller oder dunkler<br />
aus. Auch die Aromen unterscheiden sich erheblich.<br />
Fotos: Getty Images, Shutterstock, John Jairo Bonilla/EPA/picturedesk.com<br />
98 falstaff<br />
okt–nov <strong>2019</strong><br />
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