Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit
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202 Soziales Entschädigungsrecht<br />
Hirnverletzung und ihre Folgen einerseits und der physiologische Alterungsprozess<br />
oder pathologische Prozesse (z.B. Demenz vom Alzheimer-<br />
Typ, Multiinfarktsyndrom) andererseits <strong>für</strong> <strong>die</strong> Verschlechterung haben<br />
(siehe Nummer 47, Absätze 2 und 3).<br />
Eine vorzeitige Entstehung oder Akzentuierung einer zerebralen Gefäßsklerose<br />
bei Hirnverletzten ist bisher nicht erwiesen. Andererseits konnten<br />
bei hirnpathologischen Untersuchungen in der Umgebung alter Hirnnarben<br />
nach offenen Hirnverletzungen Gefäßveränderungen in Form von Fibrosen<br />
als Folgen der Wundheilungen festgestellt werden; in solchen Bezirken<br />
kann es im Zuge der Alterung zu Mangeldurchblutungen kommen, <strong>die</strong> dann<br />
aber wesentlich durch <strong>die</strong> Verletzung bedingt sind. Klinisch kann daraus<br />
eine Verschlechterung der Hirnverletzungsfolgen resultieren (z.B. Wiederauftreten<br />
oder Verdeutlichung früher vorhandener Hirnfunktionsstörungen<br />
oder Auftreten von Nachbarschaftssymptomen).<br />
Ferner ist zu beachten, dass bei den traumatischen Hirnschäden im Alter<br />
infolge einer allgemeinen Verminderung der Kompensationsfähigkeit des<br />
Gehirns Hirnverletzungssymptome, <strong>die</strong> sich in den ersten Jahren nach dem<br />
Trauma gebessert hatten, wieder stärker in Erscheinung treten können.<br />
Für <strong>die</strong> Beurteilung einer Verschlechterung zerebraler Störungen bei Hirnverletzten<br />
im Alter ergibt sich daraus: Wenn es zu einer Akzentuierung<br />
schon vorher vorhandener Störungen, oder zu neuen Störungen, <strong>die</strong> als<br />
Nachbarschaftssymptome angesehen werden können, kommt, dann kann<br />
<strong>die</strong>ses Neue oder <strong>die</strong>ses Mehr an Störungen wesentlich durch <strong>die</strong> Hirnverletzung<br />
mitbestimmt sein, wobei nach offenen Hirnverletzungen eher zu<br />
<strong>die</strong>ser Beurteilung zu kommen ist als nach gedeckten.<br />
Eine Zunahme zerebraler Störungen, insbesondere eine Progre<strong>die</strong>nz des<br />
Psychosyndroms, kann außerdem wesentlich durch <strong>die</strong> Hirnverletzung<br />
bedingt oder mitbedingt sein, wenn <strong>die</strong>se zu hirnorganischen Anfällen<br />
geführt hat, vor allem, wenn <strong>die</strong> Anfälle im Alter häufiger geworden sind.<br />
Gegen eine wesentliche Mitwirkung der Hirnverletzungsfolgen bei Verschlechterungen<br />
im Alter sprechen neuartige Ausfallserscheinungen, <strong>die</strong><br />
weder als Nachbarschaftssymptome gedeutet noch sonst mit der Lokalisation<br />
und Ausdehnung der Hirnverletzung in Beziehung gebracht werden können.<br />
Im übrigen ist zu beachten, in welchem Zeitraum sich neue Störungen<br />
entwickelt und welchen Umfang sie haben. Wenn im Zuge der Alterung<br />
neue Störungen sehr langsam in Erscheinung getreten sind, kann <strong>die</strong>s <strong>die</strong><br />
Annahme einer wesentlichen Mitwirkung der Hirnverletzung – zumindest<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> ersten Jahre der Progre<strong>die</strong>nz – mehr stützen, als wenn <strong>die</strong> Verschlechterung<br />
des Zustandes sehr schnell eingetreten ist und sogleich einen