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Aspekte der morphologischen Analyse des Deutschen - Universität ...

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Kapitel 5: Eine merkmalsbasierte Beschreibung <strong>der</strong> Morphologie im <strong>Deutschen</strong><br />

5.3.2.2 Interpretation von Stereotyp-Komposita<br />

Es ist meiner Ansicht nach schwerlich zu bestreiten, daß manche Lexeme wie Fabrik eine<br />

Interpretation mit einer stereotypen Relation geradezu aufdrängen. Die CELEX-Datenbank<br />

verzeichnet im Falle von Fabrik sechs zusammengesetzte Bildungen – Munitionsfabrik, Papierfabrik,<br />

Schokoladenfabrik, Strumpffabrik, Textilfabrik, Tuchfabrik – und alle haben eine deutlich<br />

bevorzugte Lesart, bei <strong>der</strong> Erst- und Zweitglied über eine Relation produzieren miteinan<strong>der</strong><br />

in Verbindung gesetzt werden. In welcher Weise ist diese Relation, die bei Meyer (1993)<br />

Purpose-Operator und bei Pustejovsky (1995) telische Rolle heißt, in einem Lexem repräsentiert?<br />

Es wäre nun relativ einfach, hierfür ein Merkmal PURPOSE anzunehmen und es an geeigneter<br />

Stelle unter SEM zu plazieren. Allerdings scheint die Angelegenheit einen weiteren<br />

Gedanken wert zu sein. Stereotype Relation bedeutet meiner Ansicht nach so etwas wie eine<br />

lexikalisch verankerte Möglichkeit. In Hinblick auf das Beispiel Fabrik heißt das, daß es möglich<br />

ist, daß eine Fabrik etwas produziert. Sie muß dies nicht tun, auch eine stillgelegte Fabrik ist<br />

vermutlich nach common sense Verständnis immer noch eine Fabrik. Ich repräsentiere daher<br />

die stereotype Relation als eine lexikalisch verankerte Ereignisrelation, die im Skopus <strong>des</strong><br />

Möglichkeitsoperators steht. Abb. 5.16 zeigt die SEM:CONTENT-Teilstruktur von Fabrik.<br />

OPERATOR: op_possibility<br />

SCOPE:<br />

EVENTSTR: EVENT:<br />

lexical_content<br />

one_place_operator_struct<br />

EVENT_TYPE: produce<br />

ROLES:<br />

3<br />

4<br />

ROLE: worker<br />

SEL_RESTR:<br />

role<br />

ROLE: produced<br />

SEL_RESTR:<br />

role<br />

ACCESSIBLE_ROLES: 3 , 4<br />

event<br />

activity_eventstr<br />

TYPE: human<br />

countable<br />

TYPE: physical_entity<br />

simple_type<br />

Abb. 5.16 : SEM:CONTENT-Substruktur von „Fabrik“<br />

Das Merkmal ACCESSIBLE_ROLES hält die noch ungebundenen thematischen Rollen in <strong>der</strong><br />

Ereignisstruktur in Form einer Liste fest. Dieser Mechanismus entspricht in etwa einer<br />

λ-Abstraktion über die Rollen <strong>der</strong> Ereignisrelation und hält daher fest, welche Rollen noch<br />

gebunden werden können. Notwendig ist dies, um Komposita wie *Messermesserfabrik<br />

auszuschließen, bei denen eine Rolle mehrfach gebunden wurde.<br />

Eine weitere Überlegung rechtfertigt diese <strong>Analyse</strong> von stereotyper Relation zumin<strong>des</strong>t in<br />

Rahmen <strong>des</strong> hier gewählten Typsystems. Meyer und Pustejovsky folgend gehe ich davon<br />

aus, daß nur Artefakte über eine solche stereotype Relation verfügen. Man kann sich nun<br />

fragen, ob es Wortbildungsmechanismen gibt, die Einfluß auf die Struktur unter<br />

SEM:CONTENT haben und die möglicherweise mit <strong>der</strong> Verwendung dieser Substruktur als<br />

Träger <strong>der</strong> stereotypen Relation in Konflikt geraten können. Determinativkomposition kann<br />

nicht diesen Effekt haben, da <strong>der</strong> Wert von SEM:CONTENT entwe<strong>der</strong> vom Erstglied o<strong>der</strong> vom<br />

Zweitglied an das Kompositum übergeht. Derivation mit nominalisierenden Suffixen schafft<br />

im allgemeinen Nomen, die Ereignisse o<strong>der</strong> Personenbezeichnungen und nicht Artefakte<br />

bezeichnen. Wenn dies doch geschieht, z.B. bei <strong>der</strong> er-Ableitung von prüfen mit <strong>der</strong> Instrument-Lesart,<br />

dann übernimmt das Derivat die Ereignisstruktur <strong>des</strong> Verbs, die sich ebenfalls<br />

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