Aspekte der morphologischen Analyse des Deutschen - Universität ...
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Kapitel 5: Eine merkmalsbasierte Beschreibung <strong>der</strong> Morphologie im <strong>Deutschen</strong><br />
Bedingung 35 i) verhin<strong>der</strong>t, daß noch nicht vollständig spezifizierte morphologische Objekte<br />
syntaktisch wirksam werden. Wie weiter unten erläutert wird, kann dies durch einen Filter<br />
sichergestellt werden, <strong>der</strong> im technischen Sinn die Typenmaximalität einer typisierten Merkmalsstruktur<br />
überprüft.<br />
Bedingung 35 ii) gewährleistet, daß die Rekursion nach endlich vielen Schritten endet, da<br />
das Inventar <strong>der</strong> Morphologie nur endlich viele Merkmale enthält und je<strong>der</strong> Affigierungsschritt<br />
min<strong>des</strong>tens ein solches Merkmal einführt und aufgrund <strong>der</strong> Irreflexivität <strong>der</strong> Relation<br />
kein Merkmal hinzutreten lassen darf, welches bereits vorhanden war; dies gilt natürlich nur<br />
dann, wenn nicht gleichzeitig auch ein neues Merkmal eingeführt wird. Die Position <strong>des</strong> Flexionsaffixes<br />
(rechts außen) ist bereits durch Regel VI’ festgelegt.<br />
Bedingung 35 iii) schließt sich wi<strong>der</strong>sprechende Merkmale aus –35 ii) läßt diese ja zunächst<br />
zu – und beantwortet auch die Frage, welches <strong>der</strong> beiden Elemente den Kopf <strong>des</strong> komplexen<br />
<strong>morphologischen</strong> Objekts bildet: keines von beiden. Beide Elemente tragen, ähnlich wie bei<br />
<strong>der</strong> Definition <strong>des</strong> relativierten Kopfs, zum En<strong>der</strong>gebnis bei. Zu beachten ist jedoch, daß die<br />
vorgenommene Unifikation keine Defaults und Prioritäten annimmt und daher auch scheitern<br />
kann. Bedingung 35 iii) ist darüber hinaus entscheidend für die „richtige“ Zuordnung<br />
von Stämmen und Flexiven, was weiter unten deutlich wird.<br />
Bedingungen 35 ii) und 35 iii) können mit den zwei Funktionen affix_or<strong>der</strong>_constraint/2 und<br />
unified_head_features/1 realisiert werden:<br />
(Regel VI’’, 2. Version)<br />
cat(pre_syntactic_atom ∧ SYN:ARGSTR:AS ∧ SEM:Sem ∧ PSA, L0, L2) ←<br />
PSA ∧<br />
true(cat(pre_syntactic_atom, L0, L1) ∧ SYN:ARGSTR:AS ∧ SEM:Sem ∧ PSA1) ∧<br />
true(cat(infl_affix, L1, L2) ∧ Infl) ∧<br />
affix_or<strong>der</strong>_constraint(PSA1, Infl) ∧<br />
unified_head_features([PSA1, Infl]) ∧<br />
GRAPH: diff(L0, L2)<br />
Regel VI’’ hält fest, daß die syntaktischen Kopfmerkmale <strong>des</strong> Flexivs mit den Kopfmerkmalen<br />
<strong>des</strong> Flexionsaffixes kompatibel sein müssen, was in natürliche Weise durch typisierte<br />
Unifikation definiert werden kann.<br />
Unifizierbarkeit ist auch das Kriterium für die Merkmale unter MHEAD (diese werden von<br />
unified_head_features/1 mit erfaßt, vgl. S. 133), die in <strong>der</strong> Syntax keine Rolle spielen, jedoch<br />
zur Wie<strong>der</strong>gabe bestimmter Kombinationsbeschränkungen herangezogen werden müssen.<br />
Beispielsweise werden hier für Nomen und die Nomen eigenen Flexionsaffixe die entsprechenden<br />
Deklinationsklassen angegeben. Die Merkmale unter MORPH:MHEAD sind zwar arbiträre<br />
Klassenmerkmale im Sinne von Wun<strong>der</strong>lich (1992), es ist jedoch schwer zu sehen, wie<br />
man ohne sie auskommen könnte. Dies muß auch kein Wi<strong>der</strong>spruch zu Wun<strong>der</strong>lich sein, da<br />
es ihm um die Beschreibung produktiver Paradigmen geht, im Rahmen einer einigermaßen<br />
vollständigen <strong>morphologischen</strong> Beschreibung <strong>der</strong> deutschen Flexion jedoch auch nicht länger<br />
produktive Muster berücksichtigt werden müssen.<br />
Im übrigen zeigt sich in dieser Regel eine Reihenfolgeabhängigkeit <strong>der</strong> Funktionen<br />
affix_or<strong>der</strong>_constraint/2 und unified_head_features/1; affix_or<strong>der</strong>_constraint/2 muß vor <strong>der</strong> Unifikationsoperation<br />
evaluiert werden, nach <strong>der</strong> Unifikation <strong>der</strong> Kopfmerkmale kann die<br />
Funktion nicht mehr erfüllt werden, da dann PSA1 und Infl identisch sind. Die tieferliegende<br />
Ursache dafür ist, daß affix_or<strong>der</strong>_constraint/2 auf einem nicht-monotonen Subsumptionstest<br />
beruht. Tests auf Merkmalsinstantiierungen sind daher nicht ohne weiteres in einen<br />
monotonen Formalismus integrierbar.<br />
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