Aspekte der morphologischen Analyse des Deutschen - Universität ...
Aspekte der morphologischen Analyse des Deutschen - Universität ...
Aspekte der morphologischen Analyse des Deutschen - Universität ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Kapitel 3: Wortsyntax und Wortsemantik <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong><br />
alternative Subkategorisierungsrahmen annehmen, im System <strong>der</strong> HPSG etwa ein leerer<br />
Rahmen (das Nomen steht allein) und ein Rahmen, <strong>der</strong> ein an<strong>der</strong>es Nomen enthält (für N-N-<br />
Komposita). Dies ist aber vollkommen uninstruktiv, und das meine ich mit „trivialerweise“.<br />
Konversionsprozesse bilden eine weitere Schwierigkeit für rein lexikalisierte Wortgrammatiken,<br />
da wenig an<strong>der</strong>e Möglichkeiten bleiben als unäre Regeln <strong>der</strong> Form X � Y zu verwenden.<br />
Man kommt also kaum umhin, solche Wortstrukturregeln wie N � N N anzunehmen<br />
und ansonsten soweit zu lexikalisieren, wie es sinnvoll ist.<br />
3.5.3 Ziele<br />
Zum Ende dieses dritten Kapitels möchte ich die Folgerungen zusammenfassen, die sich<br />
meiner Ansicht nach aus den zuvor dargestellten Ansätzen und <strong>der</strong> daran festgemachten<br />
Kritik ergeben.<br />
1. Wünschenswert ist eine einheitliche Beschreibung von Flexion, Derivation und Komposition.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> Syntax scheint dies durch Annahme von syntaktischen Köpfen relativ<br />
unproblematisch zu sein, wenn auch die Flexion hierbei etwas aus dem Rahmen fällt<br />
und es neben <strong>der</strong> konkatenativen Morphologie eine Reihe von Operationen gibt, die sich<br />
nicht auf diese Weise integrieren lassen. Eine uniforme semantische Charaktersierung zu<br />
finden ist weitaus problematischer, da sich das Inventar <strong>der</strong> semantischen Operationen<br />
doch in wesentlicher Weise unterscheidet. Während <strong>der</strong> semantische Beitrag von Flexion<br />
und Derivation 19 in relativ vorhersagbarer Weise aus dem Kompositionalitätsprinzip<br />
folgt, spielen in <strong>der</strong> Komposition Operationen wie die Relationserschließung eine Rolle,<br />
die im eigentlichen Sinn nicht-kompositionell sind, da ja hier die Bedeutung eines komplexen<br />
Wortes nicht ausschließlich von <strong>der</strong> Bedeutung seiner Bestandteile und <strong>der</strong> Art ihrer<br />
Kombination festgelegt, son<strong>der</strong>n in wesentlicher Weise durch „unsichtbare“, erschlossene<br />
Komponenten bestimmt wird, die natürlich irgendwo Teil <strong>der</strong> Semantik <strong>der</strong> Bestandteile<br />
sind. Dieser Unterschied in <strong>der</strong> Semantik zwischen Komposition und Derivation<br />
ist m.E. ein Hauptargument gegen die Kompositionstheorie <strong>der</strong> Affigierung, die ihr<br />
Blickfeld zu sehr auf Parallelen in <strong>der</strong> Syntax bei<strong>der</strong> Wortbildungstypen verengt.<br />
2. Syntaktische Regeln anzunehmen ist von <strong>der</strong> Literatur nicht wi<strong>der</strong>legt. Wie gezeigt<br />
wurde, gehen alle Ansätze <strong>der</strong> Wortsemantik von expliziten o<strong>der</strong> impliziten Wortstrukturregeln<br />
aus. Es ist daher legitim, in einem operationalen Modell <strong>der</strong> deutschen Wortbildung<br />
und Flexion von diesem Mittel Gebrauch zu machen, zumal es die maschinelle Verarbeitung<br />
wesentlich erleichtert. Darüber hinaus stimme ich mit Pustejovsky (1991) 20<br />
überein, daß die Annahme einer syntaktischen Struktur von Wörtern auch in theoretischer<br />
Hinsicht Vorteile bringt, beispielsweise beim Erfassen von Ambiguitäten. Die Ausführungen<br />
im letzten Abschnitt machen die Annahme wortsyntaktischer Regeln sogar<br />
mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> zwingend.<br />
3. Ein Computermodell <strong>der</strong> Wortbildung darf sich jedoch nicht allzusehr auf die syntaktische<br />
Beschreibung von komplexen Wörtern konzentrieren, son<strong>der</strong>n muß sein Schwergewicht<br />
auf den Interpretationsmechanismus legen, <strong>der</strong> zur Deutung zusammengesetzter<br />
Wörter notwendig ist. Daß hierzu konzeptuelles Wissen und damit eine Form <strong>der</strong> Wissensrepräsentation<br />
erfor<strong>der</strong>lich ist, wurde von Meyer (1993) und auch Pustejovsky (1991,<br />
1995) in deutlicher Weise gezeigt.<br />
19 Von Phänomenen <strong>der</strong> Lexikalisierung (jetzt im an<strong>der</strong>en Wortsinn) soll hier abgesehen werden.<br />
20 „[...] without an appreciation of the syntactic structure of a language, the study of lexical semantics is bound<br />
to fail. There is no way in which meaning can be completely divorced from the structure that carries it.“<br />
(Pustejovsky (1991:410))<br />
90