Aspekte der morphologischen Analyse des Deutschen - Universität ...
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Kapitel 3: Wortsyntax und Wortsemantik <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong><br />
� �x ( �y sohn’(x,y) � anwalt’(x)): Alle Argumentstellen werden existentiell geschlossen und<br />
die Konjunktion <strong>der</strong> entstehenden Formeln gebildet. Die informelle Lesart hiervon lautet:<br />
„Der Sohn ist Anwalt“. Diese Deutung ist jedoch ausgeschlossen, da die Und-Verknüpfung<br />
zweier Sätze wie<strong>der</strong>um einen solchen ergibt, <strong>der</strong> logische Typ von Sätzen aber nicht<br />
mit dem Individuennomen zugeordneten Typ kompatibel ist.<br />
Obwohl Merkmals- und Typ-Kategorie-Beschränkungen viele unzulässige Interpretationen<br />
ausfiltern, gibt es eine ganze Reihe von Restriktionen, die durch diesen relativ grob arbeitenden<br />
Apparat nicht berücksichtigt werden können, beispielsweise<br />
� konzeptuelle Beschränkungen: die zweite Argumentstelle von Sohn ist z.B. auf Nomen<br />
mit dem Merkmal +menschlich festgelegt.<br />
� Beschränkungen, die sich aufgrund <strong>der</strong> Aktionsart von an Wortbildungsprozessen beteiligten<br />
Verben ergeben.<br />
Um seinen Ansatz zu rechtfertigen, muß Fanselow (1985) auch den Wortbildungstyp Derivation<br />
aus semantischer Perspektive sehen, d.h. auch die Derivation ist nicht von primär<br />
syntaktischer Natur, son<strong>der</strong>n ergibt sich wie die Komposition durch freies Applizieren semantischer<br />
Grundoperationen.<br />
Soll dieser semantisch-konzeptuelle Interpretationsansatz als Gegenmodell zu den syntaktischen<br />
Ansätzen etabliert werden, so muß er Aussagen zu den Daten machen, <strong>der</strong>en Erklärung<br />
letztere sich selbst als ihre Stärke anrechnen. Dies sind vor allem:<br />
� Argumentstrukturvererbung<br />
� Beschränkungen in <strong>der</strong> Produktivität von Wortbildungsprozessen<br />
Verfechter eines syntaktischen Ansatzes <strong>der</strong> Wortbildung versuchen, Datenpaare wie in (55)<br />
(55)<br />
a) die Mannschaft verliert das Spiel<br />
b) die Verlierer <strong>des</strong> Spiels<br />
durch Argumentvererbung (vgl. Kap. 3.1.2.2) in Beziehung zu setzen. Hiernach erhalten das<br />
Akkusativobjekt in (55a) und das Genitivkomplement in (55b) die gleiche Thetarolle<br />
(Thema), d.h. bei <strong>der</strong> Ableitung von transitiven Verben mit -er vererbt sich diese Argumentrolle<br />
vom Basisverb an das Derivat. Daneben wird auch die Agens-Thetarolle an das<br />
deverbale Nomen als externes Argument vererbt.<br />
Argumentvererbung wird von den Vertretern eines syntaktischen Ansatzes formal in <strong>der</strong><br />
Weise rekonstruiert, daß als weitere semantische Operation die sog. Funktionalkomposition<br />
angenommen wird, d.h. es wird zugelassen, daß das Argument einer Funktion selbst eine<br />
Funktion sein kann, also noch offene Argumentstellen besitzt. Funktionalkomposition kann<br />
auch zur Deutung einiger modifizieren<strong>der</strong> Ausdrücke in <strong>der</strong> phrasalen Syntax herangezogen<br />
werden, beispielsweise bei <strong>der</strong> <strong>Analyse</strong> von A-N-Konstruktionen wie (56)<br />
(56) <strong>der</strong> angebliche Mör<strong>der</strong><br />
was sich als Anwendung <strong>der</strong> durch angeblich ausgedrückten Funktion auf die Funktion<br />
�x Mör<strong>der</strong>(x) analysieren läßt.<br />
Der Vorteil <strong>der</strong> Funktionalkomposition zur <strong>Analyse</strong> besteht darin, daß sie unerwünschte<br />
Redundanzen im Lexikon beseitigt (vgl. Moortgart (1986)).<br />
Beispiel:<br />
Das Suffix -er kann mit transitiven und intransitiven Verben verbunden werden, vgl.<br />
(57)<br />
a) rauchen – Raucher<br />
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