Aspekte der morphologischen Analyse des Deutschen - Universität ...
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(3)<br />
Kapitel 3: Wortsyntax und Wortsemantik <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong><br />
stem � stem af<br />
stem � af stem<br />
word � stem<br />
Regeln dieser Art sind – wie ihre Pendants aus <strong>der</strong> Satzsyntax – i.a. dem sog. Binaritätsprinzip<br />
verpflichtet, d.h. die rechten Seiten <strong>der</strong> Regeln enthalten höchstens zwei Kategorien.<br />
Im Versuch <strong>der</strong> weiteren Angleichung von phrasensyntaktischen und <strong>morphologischen</strong><br />
Strukturen nimmt man weiterhin an, daß jede morphologische (Sub)Konstituente eine ausgezeichnete<br />
Tochter besitzt, die die wesentlichen Eigenschaften <strong>der</strong> Konstituente besitzt und<br />
daher Kopf <strong>der</strong> Konstituente genannt wird. Die merkmalsmäßige Übereinstimmung von einer<br />
Konstituente mit ihrem Kopf kann dann mit Hilfe einer Merkmalsperkolationskonvention<br />
(z.B. <strong>der</strong> Head Feature Convention <strong>der</strong> GPSG, Gazdar et al. (1985)) ausgedrückt werden.<br />
Während sich Auffassung <strong>der</strong> Köpfigkeit von Strukturen in <strong>der</strong> Satzsyntax noch relativ<br />
leicht nachvollziehen läßt, ist dies für morphologische Strukturen nicht ohne weiteres offensichtlich.<br />
Welcher Bestandteil von (2a) ist <strong>der</strong> Kopf? Für die Wahl <strong>des</strong> Stamms (frag-) spricht,<br />
daß das Gesamtwort ein Verb ist und auch seine semantischen Eigenschaften (u.a. den Argumentrahmen)<br />
augenscheinlich vom Stamm erbt. Für das Affix -st spricht, daß es anscheinend<br />
die morphosyntaktischen Merkmale Person und Numerus trägt, denen man in <strong>der</strong><br />
Phrasensyntax sogar den Status von Satzköpfen (INFL etc.) einräumt. Offenkundig tragen<br />
Stamm und Affix gleichermaßen zu den syntaktischen und semantischen Eigenschaften <strong>des</strong><br />
komplexen Wortes bei. Dies gilt auch beispielsweise in (2b), wenn man annimmt, daß -t- <strong>der</strong><br />
Träger <strong>des</strong> Tempusmerkmals ist.<br />
Möchte man nun an <strong>der</strong> Köpfigkeit von flektierten Wörtern festhalten – aus größtenteils<br />
theorieinternen Gründen, wie ich meine – so bleibt einem nichts an<strong>der</strong>es übrig, als Köpfe<br />
einfach positionell festzumachen, wie dies u.a. Williams (1981:248) vorschlägt:<br />
(4)<br />
Righthand Head Rule (RHR):<br />
In morphology, we define the head of a morphologically complex word to be the righthand<br />
member of the word.<br />
Diese Regel ist nun kein grammatisches Prinzip, son<strong>der</strong>n eine empirische Generalisierung,<br />
die zumin<strong>des</strong>t für die indoeuropäischen Sprachen zutrifft (vgl. jedoch Scalise (1988), <strong>der</strong><br />
Gegenbeispiele im Italienischen beibringt). Trotz dieser positionellen Festlegung <strong>des</strong> Wortkopfes<br />
ist damit noch nicht das oben diskutierte Problem aus <strong>der</strong> Welt geschafft, daß verschiedene<br />
Morpheme Unterschiedliches zu den Gesamteigenschaften <strong>des</strong> Wortes beisteuern.<br />
Anhänger <strong>der</strong> Wortkonstituentenstrukturtheorie tragen dem durch Definition von komplexeren<br />
Merkmalsperkolationsbedingungen Rechnung, z.B. Selkirk (1982: 76):<br />
(5)<br />
a) If a head has a feature specification [�Fi], � � u, its mother node must be specified [�Fi],<br />
and vice versa.<br />
b) If a non-head has a feature specification [�Fj], and the head has the feature specification<br />
[uFj], then the mother node must have the feature specification [�Fj].<br />
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