Aspekte der morphologischen Analyse des Deutschen - Universität ...
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Kapitel 5: Eine merkmalsbasierte Beschreibung <strong>der</strong> Morphologie im <strong>Deutschen</strong><br />
Durch Einführung dieses Umformungsschritts behält man Paradigmen als organisationsstiftende<br />
Elemente neben den eigentlichen Lexikoneinträgen bei, kann sie jedoch aus <strong>der</strong><br />
eigentlichen <strong>Analyse</strong> heraushalten, die nur auf die invertierte Relation Bezug nimmt.<br />
Nun müssen die Kombinationsbeschränkungen, die die zum Ausgangspunkt genommenen<br />
generalisierten Paradigmen ausdrücken, in einer „Flexionsgrammatik“ realisiert werden.<br />
Hierfür kontextfreie Regeln anzusetzen führt letztlich zu einer Vielzahl von Konstruktionsregeln<br />
und setzt darüber hinaus eine sehr genaue Klassifizierung <strong>der</strong> einzelnen Flexive voraus,<br />
auf die sich diese Regeln beziehen. Konzeptionell einfacher ist es, diese Kombinationsbeschränkungen<br />
in das Lexikon zu verlagern, die Klassifikation <strong>der</strong> Flexive so weit wie<br />
möglich implizit mit Hilfe ohnehin notwendiger Merkmale vorzunehmen und zusätzlich nur<br />
eine einzige, allerdings übergenerierende Regel anzunehmen, die jedoch durch drei Bedingungen<br />
wie<strong>der</strong> eingeschränkt wird:<br />
(Regel VI’, 1. Fassung)<br />
cat(pre_syntactic_atom ∧ PSA, L0, L2) ←<br />
PSA ∧<br />
true(cat(pre_syntactic_atom, L0, L1)) ∧<br />
true(cat(infl_affix, L1, L2)) ∧<br />
GRAPH: diff(L0, L2)<br />
Im übrigen weist <strong>der</strong> Typ pre_syntactic_atom, wie morph_object und seine Subtypen und<br />
an<strong>der</strong>s als syntactic_atom, noch ein MORPH-Merkmal auf. Wie syntactic_atom jedoch enthält<br />
er kein STRUCTURE-Attribut mehr, da ich – abweichend von Autoren wie Trost (1990) –<br />
nicht annehme, daß die Operation <strong>der</strong> Flexion Strukturen aufbaut. Diese wären m.E. semantisch<br />
nicht mehr deutbar und damit schwindet die letzte Motivation für Wortstrukturen.<br />
In <strong>der</strong> dargelegten Form erlaubt diese rekursive Regel (zusammen mit <strong>der</strong> Terminierungsregel<br />
V), beliebig viele Flexionsaffixe an einen möglicherweise komplexen Stamm o.ä. anzuhängen.<br />
Im <strong>Deutschen</strong> heißt beliebig jedoch höchstens zwei, beispielsweise bei <strong>der</strong> Bildung<br />
<strong>der</strong> Präteritumsformen <strong>der</strong> regelmäßigen Verben wie lieb-t-en, so daß diese Rekursion drastisch<br />
eingeschränkt werden muß. Dies leisten folgende drei Beschränkungen:<br />
(35)<br />
i. Nur vollständig spezifizierte Wortformen können als syntaktische Atome fungieren,<br />
d.h. X 0<br />
-Elemente von maximalen Projektionen bilden.<br />
ii. Die Einführung von Merkmalen wird durch die transitive Hülle einer irreflexiven<br />
Relation < festgelegt, die durch folgende Elemente gegeben ist und eine partielle Ordnung<br />
definiert (s. a. Wun<strong>der</strong>lich (1992)):<br />
Kategorie < Tempus Kategorie < Komparation<br />
Komparation < Kasus Tempus < Modus<br />
Modus < Numerus Numerus < Person<br />
Person < Kasus<br />
Ein Affix F darf demzufolge nur dann zu pre_syntactic_atom hinzutreten, wenn F für<br />
ein Merkmal B spezifiziert ist, so daß es in pre_syntactic_atom ein Merkmal A gibt,<br />
für das gilt: A < B.<br />
Diese Definition for<strong>der</strong>t also nicht, daß alle hinzukommenden Merkmale „neu“ sind,<br />
son<strong>der</strong>n daß lediglich eines <strong>der</strong> Merkmale <strong>des</strong> Affixes F noch nicht vorhanden war.<br />
Der Sinn dieser Lockerung <strong>der</strong> ursprünglichen Fassung in Wun<strong>der</strong>lich (1992) wird<br />
weiter unten deutlich werden.<br />
iii. Die Merkmale von pre_syntactic_atom und infl_affix müssen miteinan<strong>der</strong> unifiziert<br />
werden können, d.h. die Merkmalswerte müssen kompatibel sein.<br />
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