Aspekte der morphologischen Analyse des Deutschen - Universität ...
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Kapitel 3: Wortsyntax und Wortsemantik <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong><br />
Beispiel 3.2:<br />
Das Lemma <strong>der</strong> Zitierform lachen (lemma(‘lachen’)) ist die Menge <strong>der</strong> Wortformen<br />
L = { ,<br />
... }.<br />
Möchte man Lemmata nicht lediglich extensional – also durch Aufzählung <strong>der</strong> Elemente – ,<br />
son<strong>der</strong>n nicht-extensional charakterisieren, so benötigt man ein Kriterium, welches die Zugehörigkeit<br />
einer Wortform zu einem bestimmten Lemma festlegt. Traditionell wird hierfür<br />
die Bedeutung einer Wortform herangezogen: ein Lemma besteht demzufolge aus <strong>der</strong> Menge<br />
<strong>der</strong> Wortformen mit gleicher Bedeutung. Dieses Kriterium ist allerdings aus einer Reihe von<br />
Gründen nicht ausreichend, um Lemmata korrekt zu charakterisieren, z.B.:<br />
� die Formen lacht und lachte möchte man intuitiv im Lemma von lachen wissen, obwohl<br />
zwischen ihnen ein Bedeutungsunterschied besteht<br />
� es ist durchaus möglich, daß zwei Wortformen – im Fall von Synonymie – die gleiche<br />
Bedeutung zukommt, sie aber dennoch zu verschiedenen Lemmata gezählt werden sollten,<br />
z.B. Formen von rennen und laufen<br />
Das Zugehörigkeitskriterium muß also zugleich restriktiver – durch Angabe von gemeinsamen<br />
Signifiant-Merkmalen, beispielsweise eines gemeinsamen Stammes – als auch schwächer<br />
– durch Abschwächung von Bedeutungsgleichheit zu Bedeutungsähnlichkeit – gefaßt<br />
werden.<br />
Strukturiert man ein Lemma nach den Merkmalen, die in <strong>der</strong> zweiten Komponente <strong>der</strong> Relation<br />
L vorkommen, so erhält man ein Paradigma. Ein Paradigma ist nach traditioneller Auffassung<br />
eine mehrdimensionale Tabelle, <strong>der</strong>en Dimensionen durch die Anzahl verschiedener<br />
Kategorien wie Person, Numerus etc. gegeben sind. Ich möchte die Begriffe Lemma und<br />
Paradigma auseinan<strong>der</strong>halten, da Paradigmen im Gegensatz zu Lemmata strukturiert sind:<br />
sie legen fest, welche Merkmale zur Unterscheidung von Wortformen herangezogen werden<br />
und definieren hierdurch die tabellenartige Struktur, die auch Paradigmenlücken, Nichtexistenz<br />
von Wortformen mit bestimmten Merkmalen, sichtbar macht. Während die SYN-<br />
FEATURES-Komponente einer Wortform noch weitere, nicht-distinktive Merkmale enthalten<br />
kann (z.B. Subkategorisierungsanfor<strong>der</strong>ungen), enthält die Tabelle <strong>des</strong> Paradigmas nur<br />
distinktive, d.h. dimensionsbildende Merkmale.<br />
Die Frage ist nun, welche Flexionskategorien man benötigt, um alle Wortformen, die man<br />
intuitiv in einem Paradigma vereinigen möchte, zu charakterisieren.<br />
Ich nehme, wie<strong>der</strong>um Gallmann teilweise (1994: Kap. 2.5) folgend, Merkmalskategorien an,<br />
die sich in zwei Gruppen unterteilen lassen:<br />
1. Morphosyntaktische Merkmale<br />
2. Wortartmerkmale<br />
Zu den morphosyntaktischen Merkmalen zählen u.a. Person, Numerus, Genus und Kasus.<br />
Die Wortart zählt zu den Flexionskategorien, da sich Flexion in Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Wortart<br />
bemerkbar machen kann, z.B. bei<br />
� Nominalisierungen: lachen – (das) Lachen<br />
� Substantivischer Verwendung von Adjektiven: <strong>der</strong> lachende Dritte<br />
Der Begriff Bereitstellung in obiger Definition von Flexion läßt offen, ob die Wortformen<br />
durch morphologische Aktivität entstehen o<strong>der</strong> durch einfaches Auslesen aus dem Lexikon<br />
gewonnen werden. Während man ersteres für regelmäßig gebildete Formen annehmen darf,<br />
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