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Aspekte der morphologischen Analyse des Deutschen - Universität ...

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Kapitel 3: Wortsyntax und Wortsemantik <strong>des</strong> <strong>Deutschen</strong><br />

Allerdings ist eine intransitive Verbbasis noch keine hinreichende Bedingung für die Zulässigkeit<br />

einer Nominalisierung mit -er. Intransitive Verben wie ankommen, aufwachen, fallen<br />

usw. erlauben keine er-Ableitung (vgl. auch Abschnitt 3.4.1):<br />

(64)<br />

a) * Ankommer<br />

b) * Aufwacher<br />

c) * Faller<br />

Punktuelle Verben wie erblicken 12 , erschlagen, aufwachen gestatten i.a. keine er- Nominalisierung,<br />

wobei es jedoch Ausnahmen wie finden – Fin<strong>der</strong> gibt. Die Ableitung mit -er ist auch bei<br />

<strong>der</strong> überwiegenden Zahl <strong>der</strong> ingressiven (erblühen, aufstehen, erklingen) und resultativen Verben<br />

(verblühen, verbrennen, ausklingen) nicht möglich; Ausnahmen hierbei wie Vollen<strong>der</strong> müssen<br />

wohl durch Lexikalisierung „erklärt“ werden. Fanselow (1988b) schlägt zur Erklärung<br />

dieser Ableitungsblockierung vor, daß <strong>der</strong> semantische Beitrag von -er bei <strong>der</strong> Nominalisierung<br />

u.a. <strong>der</strong> ist, daß man die durch das Verb ausgedrückte Tätigkeit gewohnheitsmäßig<br />

ausübt. Punktuelle Verben lassen eine solche Interpretation jedoch kaum zu. Besser müßten<br />

sich daher Durativa wie blühen, schlafen, wohnen nominalisieren lassen, was interessanterweise<br />

mit Ausnahme von schlafen nicht geht. Die iterativen Verben wie beispielsweise sticheln,<br />

krabbeln, grübeln bestätigen jedoch diese Erklärung.<br />

Obwohl Fanselows Ansatz zunächst äußerst vielversprechend ist, gibt es doch einige z.T.<br />

erhebliche Kritikpunkte:<br />

1. Welche Konsequenzen hat die Verlagerung <strong>der</strong> Hauptlast von den Syntaxregeln zu den<br />

logischen Typen, die den Morphemen zugeordnet sind? Zunächst einmal wird die Wortsyntax<br />

im semantischen Ansatz von Fanselow keineswegs abgeschafft; sie ist vielmehr<br />

implizit in <strong>der</strong> typenlogischen Charakterisierung <strong>der</strong> verschiedenen syntaktischen Kategorien<br />

und explizit mit den Merkmalsperkolationsbedingungen präsent. Da sich nach<br />

traditioneller Auffassung <strong>der</strong> Montague-Semantik die semantischen Typen aus den syntaktischen<br />

Kategorien durch Anwendung einer einfachen Abbildungsvorschrift ergeben,<br />

setzt Fanselows Konzeption implizit eine wortinterne Strukturierung voraus, entlang <strong>der</strong><br />

die semantischen Operationen angewendet werden. Dies bedeutet, daß die Syntax in gewisser<br />

Weise <strong>der</strong> Semantik „vorgeordnet“ ist und die Anwendung <strong>der</strong> semantischen<br />

Auswertung leitet. Nur dadurch kann u.a. verhin<strong>der</strong>t werden, daß eine Funktion auf ein<br />

Argument appliziert werden kann, das dem syntaktischen Träger <strong>der</strong> Funktion nicht<br />

benachbart ist. Meiner Meinung nach argumentiert Fanselow nicht gegen die Annahme<br />

einer syntaktischen Struktur von Wörtern, son<strong>der</strong>n nur dagegen, daß a) diese Struktur<br />

autonom ist und unabhängigen Prinzipien folgt und b) die Wortsyntax und ihre<br />

Prinzipen in <strong>der</strong> Universalgrammatik verankert sind. 13 Fanselow folgt hier Chomsky<br />

(1982), <strong>der</strong> die Wortsyntax für so trivial hält, daß sie lediglich auf <strong>der</strong> Grundlage positiver<br />

Evidenz während <strong>des</strong> Spracherwerbs erlernt werden kann.<br />

2. Was ist nun – nachdem in 1. festgestellt wurde, daß eine wortsyntaktische Ebene weiterhin<br />

angenommen werden muß – <strong>der</strong> eigentliche Gehalt von G. Fanselows Ansatz? Lei<strong>der</strong><br />

bleibt von dieser äußerst interessanten Idee weniger übrig als zuvor angenommen. Zur<br />

Explizitmachung <strong>der</strong> Wortstruktur benötigt man zunächst einen Formalismus, <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

Lage ist, die Anfor<strong>der</strong>ungen, die ein syntaktischer Kopf an seine Umgebung stellt, in seiner<br />

syntaktischen Kategorie zu codieren. In Frage kämen hierzu Kategorialgrammatiken<br />

o<strong>der</strong> HPSG-ähnliche Formalismen, die in einer einem <strong>morphologischen</strong> Kopf zugeord-<br />

12 Die hier angeführten Verben entstammen dem Duden (1994:93).<br />

13 Gisbert Fanselow (p.M.) bestätigt diese Auffassung.<br />

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