National Experiences - British Commission for Military History
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46 ai r p o w e r in 20 t H Ce n t u ry do C t r i n e s a n d em p l o y m e n t - nat i o n a l ex p e r i e n C e s<br />
alarmiert, konnte jedoch durch das Zögern der Politik nicht in die Einsatzräume<br />
abrücken. 59 Als nach stundenlangen Beratungen schlussendlich eine Definition der<br />
gesamten Situation gefunden wurde und die alarmierten Heeresteile die Kasernen<br />
verließen, hatte sich die Bedrohung bereits offensichtlich entfaltet. Dieser Umstand<br />
traf in besonderer Weise auf die Luftstreitkräfte zu, da sich in deren Einflussbereich<br />
die sichtbarste Bedrohung manifestiert hatte. Auch hier zögerte die politische Seite<br />
eine konkrete Reaktion, nämlich den Einsatz der J-29F „Tunnans“, anzuordnen. Man<br />
tat dies erst, als sowjetische Flugzeuge in offensichtlicher Aufklärungsmission sogar<br />
die Hauptstadt Wien überflogen 60 und die Regierung aufgrund der Wirkung auf<br />
die Öffentlichkeit eine Reaktion setzen musste. 61 Doch verband man diesen Einsatz<br />
mit etlichen Auflagen und Einschränkungen: die Piloten dürften im Ernstfall nur<br />
auf Anweisung des Bundesministers für Landesverteidigung schießen und zudem<br />
war ihnen das Überfliegen der sogenannten „30km-Zone“ untersagt. 62 Diese war zu<br />
Beginn des Einsatzes von Regierungsseite als Verbotszone für alle Bundesheerteile<br />
gebildet worden, dass heißt das Bundesheer hatte einen Abstand von 30km zur eigenen<br />
Staatsgrenze einzuhalten, um offiziell die UdSSR nicht zu „provozieren“. 63<br />
Der J-29F-Einsatz, derart reglementiert, zeigte nun schonungslos die Schwächen der<br />
österreichischen Rüstungspolitik, vor allem aber der bisherigen Auffassung der Luftraumverteidigung<br />
auf. Die J-29F stiegen von ihren Stützpunkten erst auf, als sowjetische<br />
Maschinen den österreichischen Luftraum bereits verlassen hatten. Sie hatten<br />
zudem weder ein Bordradar noch eine Verbindung zu den militärischen Radarstationen<br />
am Boden, womit der Pilot den Himmel optisch absuchen musste. Schließlich<br />
untersagte man eine für Patrouillenflüge adäquate Bewaffnung der J-29F. 64 Wie die<br />
Wahrnehmung des Luftraums in der Krise stattfand, verdeutlicht auch der Umstand,<br />
dass man sich trotz der Luftraumverletzungen nicht dazu durchringen konnte, den<br />
zivilen Flugverkehr vor allem in Wien-Schwechat einzustellen. Stattdessen ordnete<br />
man die militärischen Patrouillenflüge diesem unter. Die J-29F wurden bereits nach<br />
wenigen Tagen wieder aus dem Einsatz abgezogen. 65<br />
59<br />
Vgl. Horst Pleiner/Hubert Speckner (Hrsg.), Zur Verstärkung der nördlichen Garnisonen…, S.<br />
127f.<br />
60<br />
Vgl. Militärgeschichtliche Forschungsabteilung des Heeresgeschichtlichen Museums Wien (MG-<br />
FA)/Bestand Sicherungseinsatz 1968 (SiE 1968), Tagesmeldung, Kommando Luftstreitkräfte, Zl.<br />
1548-geh/EZ/68, 23.08.1968.<br />
61<br />
Zu den diplomatischen Protesten bezüglich der sowjetischen Luftraumverletzungen siehe Peter<br />
Ruggenthaler, Der Neutralität verpflichtet: die sowjetisch-österreichischen Beziehungen 1968, in:<br />
Karner/u.a. (Hrsg.), Prager Frühling. Das internationale Krisenjahr 1968. Beiträge, Graz 2008, S.<br />
999ff.<br />
62<br />
Vgl. Hoffmann, Luftraum in der Krise, S. 105.<br />
63<br />
Vgl. MGFA/Bestand SiE 1968, Vortrag, Bundesministerium für Landesverteidigung, StbAbt, o. Zl.,<br />
23.08.1968.<br />
64<br />
Vgl. MGFA/Bestand SiE 1968, Gedächtnisprotokoll über die am 21. August 1968 stattgefundene<br />
Besprechung. Zeitablauf, o. Zl., 21.08.1968.<br />
65<br />
Vgl. Hoffmann, Luftraum in der Krise, S. 106.