National Experiences - British Commission for Military History
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ne u t r a l e r lu f t r a u m. die en t w i C k l u n g u n d zä s u r e n d e r Ös t e r r e i C H i s C H e n lu f t s t r e i t k r ä f t e ... 53<br />
Die Krisen wurden so zu den markanten Zäsuren in der weiteren Entwicklung der<br />
Luftstreitkräfte, da auf diese mit strukturellen und aufgabenbezogenen Veränderungen<br />
unmittelbar und vor allem öffentlichkeitswirksam reagiert wurde. So änderte<br />
sich etwa noch 1958 – anlässlich der durch die Libanonkrise im österreichischen<br />
Luftraum hervorgerufenen Vorkommnisse – die Integration des Luftraumes in die<br />
Neutralität. Die von den Luftstreitkräften nicht umsetzbare operative Aufgabe der<br />
Luftverteidigung wurde vonseiten der Politik in eine Luftraumverteidigung uminterpretiert<br />
und die Strukturen danach ausgerichtet. In dieser wurde nun dem Schutz und<br />
der Wahrung der Neutralität gegenüber der Verteidigung der staatlichen Souveränität<br />
der Vorzug gegeben. Die Luftstreitkräfte sollten nun die Neutralität im Luftraum<br />
sichtbar, sie dokumentierbar machen, um so Sicherheit zu suggerieren, ohne diese<br />
jedoch im Einsatzfall auch verteidigen zu können.<br />
Diese nicht vorhandene Verteidigungskomponente gepaart mit einer fehlenden<br />
eindeutigen Definition des „Neutralitätsfalles“, machte sich dann vor allem 1968, im<br />
Rahmen der nächsten Krise, bemerkbar und veränderte nicht nur den Zugang zur<br />
Neutralität, sondern auch die Luftstreitkräfte neuerlich äußerst nachhaltig. In einer<br />
Ära, in der nun die Landesverteidigung in eine Doktrin gebettet wurde, hatten die<br />
Luftstreitkräfte kaum mehr Bedeutung. Die fehlende Luftverteidigung sowie die<br />
Luftraumverteidigung wurden als Manko akzeptiert und als solches in den Verteidigungsplanungen<br />
als Basis vorausgesetzt. Dieser Umstand, der bis zum Ende des Kalten<br />
Krieges aufrechterhalten wurde, marginalisierte die Luftstreitkräfte, zerteilte ihre<br />
Strukturen und band sie beinahe ausschließlich in der Luftunterstützungsaufgabe.<br />
Dieser Wandel vor allem der politischen Willensbildung rund um die Luftstreitkräfte,<br />
zeigte sich markant auch entlang langfristiger Elemente, wie etwa der Rüstungsplanung.<br />
Alles war letztlich geprägt von einer, vor allem nach außen wahrnehmbaren,<br />
neutralen Haltung, ohne Rücksicht auf die eigene Verteidigungsfähigkeit. So<br />
besaßen die Luftstreitkräfte bis zum Ende des Kalten Krieges weder ein geeignetes<br />
Interzeptionsflugzeug – „Abfangjäger“ genannt –, noch eine adäquate, moderne Bewaffnung,<br />
wie etwa Lenkwaffen. Diese Umstände änderten sich erst, als das Ende<br />
des Kalten Krieges erreicht, die äußeren Bedrohungen andere geworden waren und<br />
rüstungspolitische sowie strukturelle Anpassungen anderen Deutungsmustern unterlagen.<br />
Für einen kurzen Zeitraum entwickelten sich daraus über mehrere Zwischenschritte<br />
tatsächliche österreichische Luftstreitkräfte, die auch als solche mit eigenen<br />
Aufgaben versehen, wahrgenommen wurden. Das neue Jahrtausend, mit seinen<br />
neuen Bedrohungs- und Einsatzszenarien, verursachte jedoch wieder ein Umdenken<br />
in der politisch-militärischen Willensbildung, welches neuerlich Umstrukturierungen<br />
einleitete. So bestehen die Luftstreitkräfte heute aus keinem zentralen Verband<br />
mehr, sondern aus zwei brigadeäquivalenten Teilen, die gleichzeitig die Kernaufgaben<br />
markieren: Luftunterstützung (Kommando LuU) und Luftraumüberwachung<br />
(Kommando LRÜ). Im Licht all dieser Entwicklungen nimmt es kein wunder, dass<br />
die verschiedenen Teile der Österreichischen Luftstreitkräfte, trotz neuester Ausrüstung,<br />
wie etwa dem Eurofighter, auf eine ungewisse Zukunft zusteuern.