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problematisch. Gewalt könnte bei einer Weltklimabewegung, die auf Inklusivität und<br />
Breite im Weltmaßstab setzt, abschreckend und kontraproduktiv wirken. Die<br />
Internationalisierung der Anti-Atomkraftbewegung war allerdings noch recht begrenzt,<br />
auch wenn der französisch-deutschen Grenzregion und Protestzusammenarbeit größere<br />
Bedeutung zukam (Rucht 2008: 246; Kitschelt 1980: 191).<br />
Als Ursache des Erfolgs der Anti-AKW Bewegung kann gelten, dass es die Bewegung<br />
schaffte, die zuvor geschlossen auftretende atomkraftfreundliche Elite zu spalten (Rucht<br />
2008: 254f.). Ihre Kritik und Bedenken wurden über innparteiliche Diskussionen bei der<br />
FDP und SPD sowie über den Aufstieg der Grünen in die Parlamente und Regierungen<br />
getragen. Diese hatten über staatliche Investitionen, Bauaufträge und Genehmigungen<br />
zu entscheiden und damit eine Schlüsselposition. Hinter diesem Sinneswandel stand der<br />
massive, dauerhafte und auch von Mittelschichten-Wählern ausgehende Druck der<br />
Bewegung. Manche Politiker sahen neben ihrer Wiederwahl auch den sozialen Frieden<br />
gefährdet und gaben deshalb den Forderungen nach Projektaufgaben nach. Ein weiteres<br />
und manchen Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft zugängliches Argument<br />
waren die durch Bauverzögerungen entstandenen Mehrkosten, die mindestens im<br />
dreistelligen Millionenbereich lagen (Rucht 2008: 253). Sie wurden durch die<br />
Kombination aus zivilem Ungehorsam und Verfahrenseinwendungen nötig, die in die<br />
hunderttausende gehen konnten. Die von den AKW-Gegnern errungenen, folgenreichen<br />
Verzögerungen der Kraftwerksbauten sowie der Meinungswandel der Politik beruhten<br />
mithin auch auf bestimmten politisch-rechtlichen Bedingungen. Erstens gab es die<br />
rechtliche Möglichkeit, Verfahrenseinwendungen zu machen und Klagen zu führen.<br />
Zweitens verhandelten die Politiker mit den Demonstranten und gaben ihnen nach, statt<br />
die Projekte gewaltsam durchzusetzen. Drittens zeigten sie sich den Argumenten und<br />
den Wählerstimmen der Straße gegenüber offen. Föderale und partizipative Strukturen,<br />
die Internalisierung demokratischer Kultur oder schlicht die Beratungsfähigkeit von<br />
Entscheidungsträgern können somit entscheidend sein.<br />
Zwei weitere Faktoren vervollständigen das Ursachenbündel für den Erfolg der Anti-<br />
AKW Bewegung. Erstens wirkten die atomaren Unfälle von Three Mile Island 1979<br />
(ebd.: 252) und insbesondere Tschernobyl 1986 <strong>als</strong> grenzüberschreitende Beschleuniger<br />
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