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Fast man die Governance-Formationen und die von ihnen produzierten Teilordnungen<br />
<strong>als</strong> Systeme und betrachtet man diese mit systemtheoretischem Blick, so ist Wandel nur<br />
in inkrementaler Weise zu erwarten: Systeme sind auf ihre eigene Stabilisierung<br />
ausgerichtet und absorbieren oder resozialisieren Abweichungen (Parsons 1964: 480<br />
ff.). Sie evoluieren im Modus Variation, Selektion und Restabilisierung (Luhmann<br />
1997: 498 ff.). Änderungen ihrer Umwelt vermögen sie nur <strong>als</strong> Rauschen<br />
wahrzunehmen, auf das sie versuchsweise, aber nicht proaktiv reagieren (Luhmann<br />
1986). Gegen diese immobilisierende Macht des Systems steht die empirisch evidente<br />
Bedeutung der Interessen und Akteure. Sie ist vor allem von der Konflikttheorie<br />
thematisiert und gegen die Systemtheorie in Anschlag gebracht worden (Dahrendorf<br />
1959). xi Nach der Konflikttheorie, die mE heute zu Unrecht vergessen ist, aber in einer<br />
langen geistigen Tradition steht xii , findet sozialer Wandel meist auf Grund von<br />
Konflikten statt, nicht auf Grund von inkrementalen Prozessen, Konflikten, die auf<br />
Interessen basieren und durch Akteure artikuliert werden .<br />
Die soziologische Konflikttheorie ist eine Abstraktion aus der Marx’schen<br />
Kapitalismusanalyse. Während Marx und Engels den Klassenkonflikt <strong>als</strong> zentral<br />
ansahen, hält die Konflikttheorie eine Vielzahl weiterer sozialer Gegensätze für<br />
mögliche Grundlagen von Konflikten, wie Religionen, Ethnien, Zugriff auf Ressourcen,<br />
Entwicklungsunterschiede, etc. Solche Konflikte schaffen Raum für sozialen Wandel,<br />
den die Governance-Strukturen nutzen können.<br />
Für unseren Zusammenhang ist der Klassenkonflikt keine relevante Kategorie, weil sich<br />
Kapital und Arbeit im Hinblick auf die Ausbeutung natürlicher Ressourcen weitgehend<br />
verbündet haben. Die Front der Verteidiger der natürlichen Ressourcen wird eher von<br />
einer Koalition von Bürgern aus Berufen wie dem Dienstleistungssektor bestritten, die<br />
nicht auf die zerstörende Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen angewiesen sind.<br />
Wie der Konflikt dieser Fronten ausgeht, und welche Handlungsmöglichkeiten der Staat<br />
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xi Der politologische Ansatz akteursbezogener Erklärungen politischen Handelns kann vielleicht <strong>als</strong> eine<br />
domestizierte Variante der Konflikttheorie angesehen werden.<br />
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