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Deutsche Altertumskunde

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3. Die Urgermanen. B. Kulturverhältnisse. § 10. Gräber und Häuser. 85<br />

geschichtet ruhten in der Kammer von Steinen überdeckt die Reste der<br />

(unverbrannten) Leichen; war die Kammer gefüllt, so wurde auch im Gang<br />

bestattet, zwanzig bis dreißig Skelette in einem Grab sind nicht selten<br />

(bisweilen wurden noch weit mehr erkannt) und zwar Individuen beider<br />

Geschlechter, jung und alt in hockender Stellung oder nun auch in<br />

ausgestreckter Lage. Durch Erweiterungsbauten konnte die ursprüngliche<br />

Grabanlage noch vergrößert werden: an die Hauptstube wurden Seitenkammern<br />

angesezt oder mehrere Gänge führten zu mehreren Kammern<br />

hinein. Die Decksteine (Dach) blieben stets sichtbar, nur um die Tragsteine<br />

herum wurde ein Erdhügel angeschüttet, doch eine Öffnung am Fuß dieses<br />

Erdhügels freigelassen (Taf. 1, 2), wo der Gang mündete, der etwas höher<br />

als breit bis zu einer Länge von sechs Metern und darüber nachgewiesen<br />

wurde; da wo er auf die Kammer traf, konnte er durch einen flachen Stein<br />

wie mit einer Tür (Türrahmen und Schwelle sind zu erkennen) verschlossen<br />

werden.<br />

War es bis dahin Sitte gewesen, die Toten in einem steinernen Hause<br />

zur Ruhe zu setzen, so wurde damit allmählich gebrochen. Am Ausgang<br />

der neolithischen Periode ist das Grab nicht mehr die Wohnung der Toten.<br />

Es ändert sich die Sitte, i) Die Verstorbenen werden jetzt in einem unter-<br />

irdischen Behälter (Sarg) dem Erdreich anvertraut. Äußerst lehrreich ist<br />

die Übergangsform der sog. Kistengräber. 2) Sie stehen noch auf dem<br />

Erdboden aus Steinblöcken, aber bald schon aus Steinplatten kistenförmig<br />

hergerichtet (zwei bis drei Meter lang, weniger als einen Meter hoch, etwas<br />

mehr als einen halben Meter breit), noch findet man die Fugen und Zwischenräume<br />

mit kleineren Steinen gefüllt, die Wände von außen mit Lehm<br />

überstrichen und im Innern den Fußboden gepflastert; noch ist das Kisten-<br />

grab ein gemeinsamer Behälter für viele, aber häufig genug enthält es bloß<br />

eine einzige Leiche.») Das gilt als Regel für das Plattengrab, einen Sarg,<br />

der aus Steinplatten besteht, die künstlich von größeren Blöcken losgespalten<br />

durch einen Haufen Steingeröll überdeckt oder schon in die Erde versenkt<br />

und vollständig mit einem (selten mehr als drei Meter hohen) Erdhügel überwölbt<br />

wurden.'*) Das Grab ist nicht mehr von außen zugänglich, sondern<br />

hat den Toten als endgültig abgeschieden unter die Erde verbannt.<br />

Das Endstadium dieses neuen Ritus wurde mit den sog. Muldengräbern<br />

erreicht. ö) Diese Bestattungsartist in den südlichen Randgebieten<br />

älter als im höheren Norden. Es ist namentlich der große Friedhof von<br />

Rossen (Kr. Merseburg) hervorzuheben, wo einundzwanzig vollständige<br />

Verwandten wurden bei Nachbestattungen got. hlaiw (S. 83).<br />

rücksichtslos beiseite geschoben. ^) J. Mestorf, Gräber ohne Stein-<br />

') Wahrscheinlich von Südosten her kammer unter Bodenniveau. Verhandl. 1889,<br />

;<br />

(Mannus 1, 231; 2, 67 f. 75 f. 83 ff.). 468 (vgl. 1883, 371. 437. 1884, 113). Mitteil.<br />

'') Aarb0ger 1910, 169 ff. Schlemm d. anthropol. Ver. in Schleswig-Holstein 5, 9.<br />

S. 578 ff.; vgl. z. B. Schriften d. Oldenburg. 12, 26; dazu Aarbeger 1891, 301. 329. 1898,<br />

Ver. f. Altertumsk. 25, 6. 157. 1910, 313 f. ZiNCK, Archaeologi 3, 119.<br />

=>) Vgl. Aarbeger 1910, 183 f. 189 ff. Beltz, Vorgesch. Altert. S. 97. Eine örtliche<br />

*) Jahresschr.1,35.36. 6,69ff.8,50ff.72. Variante ist die, daß die Toten noch immer<br />

113 ff. (Taf. 9). 10, 17. 80. Taf. 1. 11. AhV. unmittelbar auf dem Erdboden oder in ge-<br />

5, 53 ff. (Baalberg, Kr. Bernburg). Götze, ringer Erhöhung über dem Erdboden bestattet<br />

Altertümer Thüringens S. 91 ff. u. a. Die wurden; vgl. übrigens auch Mitteil. d. anthro-<br />

Steinhaufen heißen dän. dysse, die Erdhügel pol. Ver. 8, 28 ff.

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