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Deutsche Altertumskunde

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1. Nordeuropäische Urzeit. § 2. Landschaftsbilder. 31<br />

nachgewiesen 1) und ferner ist in Schleswig-Holstein Heidekraut {Calluna<br />

vulgaris) in den untersten Schichten der Moore gefunden worden, so daß<br />

man unbedenklich annehmen darf, daß die Heide nicht ausschließlich der<br />

den Wald rodenden Tätigkeit des Menschen ihr Dasein verdankt. 2) Unter<br />

Heide ist dabei eine baumlose, mit Heidekraut überwachsene Landstrecke<br />

verstanden ;3) nicht der Wald, sondern Lößboden und Heide wurden für<br />

die Besiedelung der Lebenden und für die Beerdigung der Toten bevor-<br />

zugt, als der Mensch in Nordeuropa sich ausbreitete.<br />

Es ist mehr als wahrscheinlich, daß Flüsse und Bäche, Seen und<br />

Moore, Steppe und Heide einen großen Teil der Bodenfläche in Anspruch<br />

genommen haben, die außerhalb des Gebirges nach Rückgang des<br />

Eises frei geworden war. Die Urlandschaft Norddeutschlands wird vornehmlich<br />

nach diesen Überbleibseln zu rekonstruieren sein.*)<br />

Außerhalb der Löß-, Kalk- und Salzdistrikte, außerhalb der Dünenztige<br />

und Heideflächen hat sich in einer späteren Periode der Erdgeschichte allmählich<br />

auf einem mit Gletscherschutt bedeckten Boden der Wald mit<br />

seinen Bewohnern angekündigt. Durch ihn gewann schließhch die nordeuropäische<br />

Landschaft ein vornehmes Charaktermerkmal. ^) Der Rückzug<br />

der Gletscher bedeutete eine radikale Änderung des Klimas. Stetig fortschreitende<br />

Erwärmung vermochte die Pflanzenwelt des südlicheren Europa<br />

allmählich nach dem nördlicheren Europa zu locken. Die ältesten Send-<br />

boten des Südens sind unsere Waldbäume. Ihre Auswahl ist durch das<br />

Klima bedingt.<br />

Die Untersuchung submariner Moore ergab, daß vor Menschengedenken<br />

die Kiefer sich in Norddeutschland bis tief in die von der Nordsee zerstückelten<br />

Landbrücken hinein angesiedelt hatte. Durch diese Entdeckungen<br />

gewannen wir für die Geschichte unseres Erdteils eine Zeitperiode, die wir<br />

statt Ancyluszeit (S.27.29) auch Kiefernzeit nennen dürfen. Damals muß in<br />

Norddeutschland das Klima ein mehr kontinentales gewesen sein. 6) Es<br />

streckte sich ja auch ein ausgedehnter Kontinent in die Nordsee hinaus.<br />

Dieser Kontinent (zwischen Jütland und England) wurde in entwickelter Kiefern-<br />

zeit zertrümmert und diese Katastrophe hatte in jenem Himmelsstrich ein<br />

ozeanisches Klima zur Folge. Die Kiefer verträgt aber nur kontinentales<br />

Klima, ist darum in Nordwestdeutschland immer mehr eingegangen und<br />

jetzt bis auf wenige Reliktstationen verschwunden. 7) In Nordostdeutschland<br />

hat sich mit dem Kiefernwald etwas Hochaltertümliches erhalten. Für ausgeprägtes<br />

Seeklima eignet sich die Kiefer nicht. Von der norwegischen<br />

und schwedischen Küste hat sie sich günstigstenfalls ins innere Bergland<br />

») Aarbeger f. nord. oldk. 1898, 69.<br />

") Hoops S. 44. 107. Graebner, Die<br />

Heide Norddeutschlands, Leipzig 1901. Über<br />

die Lüneburger Heide vgl. Forschungen<br />

zur deutschen Landes- und Volkskunde 18,<br />

497 ff.<br />

^) Got. halpi (dygög), anord. heipr, ags.<br />

hcep [ahd. Heide (Pflanzenname)], mhd. heide,<br />

mnd. hede, engl, heath ; das Wort ist urindogermanisch,<br />

vgl. lat. bu-cetum (Viehweide),<br />

kelt. ceton (Feld: cymr. coit Wald).<br />

*) P. E. Müller, Studien über die natürlichen<br />

Humusformen, Berlin 1887.<br />

5) Das Wort „Wald" fehlt den Indogermanen,<br />

ist aber ein Sonderwort aller Germanen,<br />

das nur den Skandinaviern (und Ostgermanen?)<br />

abhanden gekommen ist; vgL<br />

Hirt, Indogermanen 2, 671 (anord. vollr<br />

[ — Campus], ags. weald, afries. and. ahd.<br />

wald).<br />

6) Mannus 2, 285 ff.<br />

Hoops S. 57. 234.

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