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Deutsche Altertumskunde

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2. Die Römer in Deutschland. § 56. <strong>Deutsche</strong> Verluste. 357<br />

zwar noch einmal aufgerafft und den König, den Römling Chariomer, verjagt,')<br />

aber die geschichtliche Rolle der Cherusken war ausgespielt, sie wurden<br />

die Beute der Chatten. 2) Sang- und klanglos sind sie verschollen und unter<br />

den Chauchen und Chatten aufgegangen. 3)<br />

Auch die Widerstandskraft der Marsen wurde grausam gebrochen<br />

(S. 349). Germanicus hat ihnen, kurz ehe er abberufen wurde (im Spät-<br />

herbst 16), vollends den Garaus gemacht. Ein marsischer Römling, der Fürst<br />

Mallowind, verriet dem Statthalter die Stelle, wo der von Varus erbeutete<br />

römische Adler vergraben lag und durch einen Wachtposten gehütet wurde.<br />

Es war für das Renommee des Germanicus sehr vorteilhaft, daß er auch<br />

dieses römische Feldzeichen wieder bekam; er nützte seine Überlegenheit<br />

über das geschwächte und verschüchterte Völkchen gründlich aus, verwüstete<br />

das Land, verjagte seine letzten Bewohner*) — wohin, wissen wir nicht<br />

zu sagen. Es gab fortan auch keine Marsen mehr.<br />

Als ein Ereignis der jüngsten Zeit bezeichnet Tacitus die jammervolle<br />

Ausrottung der Klein-Bructeren (S, 350) durch Chamawen und Angri-<br />

warier.ö) Diese Bructeren hatten sich energisch, aber erfolglos gegen die<br />

römische Herrschaft gewehrt, namentlich im Jahr 70 durch die Mitwirkung<br />

ihrer weisen Frau Weleda tätigen Anteil am Aufstand des Ciuilis genommen;<br />

sie sind im Jahr 77 schwer dafür von Vespasian bestraft worden (Weleda<br />

wurde gefangen genommen und von dem Sieger nach Rom abgeführt).*^)<br />

Zwanzig Jahre später hat sie eine noch schwerere Katastrophe betroffen.<br />

Es ist wohl die widerlichste Szene in diesem von roher Gier beherrschten<br />

Jahrhundert: mehr denn 60000 Bructeren sind von ihren eigenen Landsleuten<br />

zur Augenweide der Römer wie in einem Gladiatorenschaustück niedergestochen<br />

worden.'') Ihr Siedelungsgebiet, hinter dem der ehemaligen Sugambren<br />

gelegen, ging jetzt in den Besitz der Chamawen und Angriwarier über.<br />

Diese Konfiskationen deutscher Stammesgebiete setzten die Römer in<br />

den Stand, eine große kaiserliche Domäne zu bilden und den unmittelbar<br />

am Rhein, dem niederrheinischen Xanten gegenüberliegenden Teil dem Heer<br />

zur Verfügung zu stellen. Begehrlich ruhten viele Augen auf diesem scheinbar<br />

herrenlosen Landstrich (niederrheinisches Legionsterritorium S. 326). Der<br />

Heimat verwiesene Römerfreunde meldeten sich mit ihrem Anhang, um sich<br />

daselbst niederzulassen. Zuerst, unter Nero, die friesischen Recken Verritus<br />

und Malorix. Von Westfriesland und seinen Seen») her führten sie im Jahr 58<br />

durch einen Grenzdistrikt mit Wald und Moor (Veluwe?) ihre kriegstüchtigen<br />

Gefolgschaften und machten auf den „herrenlosen" Ländereien am Rhein-<br />

ufer halt,9) bauten sich an, bestellten die Äcker und wichen nicht, als der<br />

beteiligt. |<br />

') Dio 67, 5 (a. 84); daran waren die Chatten j<br />

SpurinnahattenachdemjüngerenPlinius einen<br />

.König" bei ihnen eingesetzt (über die Datle-<br />

2) Germ. c. 36. rung unter Nerva vgl. Th. Mommsen, Schriften<br />

3) MüLLENHOFF, DA. 4, 444 f. 4, 374 f.) C. Plini Secundi Epistularum libri<br />

*) Tacitus, Ann. 2, 25; Mars/ als a/i^/^uu/n<br />

nomen Germ. c. 2.<br />

novem rec. C. KuKULA(Lips. 1908), 11,7 Spu-<br />

rinna Bructerum regem ui et armis induxit<br />

*) Germ. c. 33. '<br />

in<br />

regnum ostentatoque hello ferocissimam<br />

«) S. 253. 361 ff. Statius, Siluae 1. 4. Ta- gentem quod est pulcherrimum victoriae gecitus,<br />

Germ. c. 8, vgl. Ah V. 5, 184. niis terrore perdomuit.<br />

') Der Anlaß ist nicht bekannt ; vermutlich ») Norlind, Rheindelta S. 1 1 1 ff.<br />

waren innere Unruhen daran schuld; der Römer *) Klio 9, 439.

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