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Deutsche Altertumskunde

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B. Die Germanen.<br />

1. Grundlagen.<br />

§ 15. Volkstum und Sprache. Ein gutes Beispiel für die Kulturbegabung<br />

der im Norden Mitteleuropas seßhaft gewordenen Indogermanen<br />

und der aus der Indogermanisierung dieser Lande hervorgegangenen urgermanischen<br />

Bevölkerung liefert ihre in bodenständiger Entwicklung zu<br />

eigenartigen Stilformen gediehene jüngste Steinzeit. Den geschlossenen<br />

Stilcharakter der jüngsten neolithischen Kultur Norddeutschlands und Süd-<br />

skandinaviens können wir nur begreifen und erklären als Ausdruck eines<br />

hier neugeborenen Volkstums.^) So ist denn auch auf demselben Gelände<br />

etwa zur selben Zeit aus einem idg. Dialekt ein ur germanischer Sprach-<br />

typus und schließlich unsere gemeingermanische Muttersprache durch<br />

die germanische Lautverschiebung und Akzentverschiebung ausgebildet<br />

worden (S. 66 f.). Es gibt fortan im Norden ein junges neues Volk oder<br />

vielmehr eine Volksgemeinschaft, die wir ihrer Sprache nach nicht mehr<br />

als die der Urgermanen, sondern der Germanen zu bezeichnen gewohnt<br />

sind.<br />

Das Steinzeitvolk war schließlich bis zu jenem Stadium gediehen, das<br />

wir in der Sprachgeschichte mit dem Prädikat „urgermanisch" belegen.<br />

Ein neues Zeitalter bricht mit der gemeingermanischen Periode an:<br />

neuartige Formen des in seiner jugendlichen Nationalität gebundenen, aber<br />

doch schöpferisch sich regenden gemeingermanischen Lebens treten in einer<br />

von den nächstverwandten idg. Sprachen durch ihre Eigenart definitiv ab-<br />

gesonderten Nationalsprache zutag. Die Entstehung der Germanen läßt<br />

sich auf dem Wege verfolgen, auf dem die konstitutiven Faktoren ihrer<br />

Sprachgenossenschaft mit der sog. Laut- und Akzentverschiebung errungen<br />

worden sind. Die Germanen als Nationalität sind so alt, als der historische<br />

Grundtypus ihrer allen germanischen Einzelvölkern gemeinsamen sprach-<br />

lichen Verfassung. 2)<br />

Die Lautverschiebung erscheint uns heute als eine naturgemäße<br />

Folge der großen Veränderungen, die im Lauf der Zeit mit den Indogermanen<br />

vor sich gingen, als sie sich in Norddeutschland mit einer stammfremden<br />

Urbevölkerung vermischt hatten (S. 65). Denn so wenig als ihre<br />

Sprache, ist das Volkstum der Germanen etwas primär Gegebenes; ein<br />

',<br />

i<br />

') „Am längsten hat sich die Steinkultur<br />

im Bereich der Ostsee erhalten. Hier ent-<br />

wickelt sie in ihren jüngeren Schichten eine<br />

Sicherheit in der Bearbeitung des Materials<br />

und ein Stilgefühl in der Herstellung der<br />

Werkzeuge, das ihr den Anspruch auf den<br />

Namen einer in sich geschlossenen<br />

Kultur gewährt." E.Meyer, Gesch. d. Altert.<br />

12, 2, 742.<br />

2) MÜLLENHOFF, DA. 3, 194 ff.;. Vgl. W.<br />

Scherer, Zur Geschichte der deutschen<br />

Sprache (Berlin 1868) S. V. IX ff.

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