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Deutsche Altertumskunde

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3. Germania. B. Kulturverhältnisse. § 82. Schmuck. 485<br />

Am Ober-, Mittel- und Niederrhein ist die römisciie Augenfibel seit<br />

Kaiser Augustus von den unter römischer Herrschaft stehenden Germanen<br />

aufgenommen worden,^) sie hat sich aber auch bei den Kolonialgermanen<br />

und bei den Binnenvölkern eingebürgert, denn sie kommt in der älteren<br />

römischen Periode sowohl in Böhmen und Thüringen als in Posen und<br />

Westpreußen, desgleichen aber auch in Brandenburg und Mecklenburg,<br />

Schleswig-Holstein und Hannover vor.<br />

Aus der Lateneform ist auch die sogenannte Kopffibel (Taf. 32, 8)<br />

entstanden, deren Grundform gleichfalls provinzialrömisch und über ein<br />

großes Fundgebiet verbreitet ist. Dieses Muster, bei dem sich das Bügelende<br />

zu einem dicken, kräftig profilierten Kopf erweitert und bei dem sich<br />

am Fuß ein runder Knopf angesetzt hat,*) genoß besondere Vorliebe in<br />

den Donauländern, von denen diese Fibeln über das östliche Deutschland<br />

ausgeführt und namentlich nach Skandinavien geliefert worden sind. 3)<br />

Wurde der Bügel knieförmig gebogen, so entstand eine seit der Mitte des<br />

zweiten Jahrhunderts sehr beliebt gewordene Kniefibel (Taf. 32, 11).*)<br />

Provinzialrömisch ist schließlich eine Charnierfibel des zweiten Jahrhunderts,<br />

die mit Email besetzt ist und mit gebogener Nadel massenhaft am<br />

Rhein vorkommt; s) derselbe Typus wurde aber auch von Gallien und<br />

Belgien seit der Regierungszeit des Hadrian in Scheibenform auf den Markt<br />

gebracht und fand gegen Ende der älteren römischen Epoche als emaillierte<br />

Scheibenfibel (Taf. 32, 13)6) in Deutschland vereinzelte Abnehmer.<br />

Dabei ist es nun aber nicht geblieben, daß der deutsche Mann seinen Rock<br />

und Mantel mit römischen Fibeln zu schließen sich gewöhnt hätte, vielmehr<br />

ist das Bemerkenswerte, daß in Deutschland die heimische Industrie sich<br />

des ausländischen Modells bemächtigte, nach römischen Mustern neue Arten<br />

schuf und so das fremde Zierstück nationalisierte.')<br />

Gemeinsames Merkmal der nordeuropäischen Fibelformen ist, daß ihr<br />

Bügel verbreitert und verdickt (Taf. 32, 3) und daß der Nadelhalter, der bei<br />

der Latenefibel durchlocht und durchbrochen ist, massiv gefüllt und in seinen<br />

Maßen verkürzt wurde, während der Abstand der Nadelrast vom Bügel sich<br />

vergrößerte („Fibeln mit hohem Nadelhalter").«) Ferner hatte die ältere Fibel<br />

um die Mitte des Bügels einen Ring mit entsprechender Funktion aufzuweisen<br />

(S. 273); dieser Ring wurde außer Dienst gesetzt, verkümmerte allmählich<br />

oder aber er entwickelte sich zum Knopf, zur Scheibe oder wie bei<br />

der sogenannten Wendenspange zum hochaufragenden Kamm (Taf. 32, 5) und<br />

blieb als neue Zierform willkommen. 9) Bemerkenswerte Stilveränderungen<br />

haben schließlich die vom Bügel auslaufende Spirale^o) betroffen: draht-<br />

ihres ersten Auftretens bleibt zu beachten, daß '<br />

'•.<br />

sie gelegentlicii noch mit Gürteliiaiien zusammen<br />

vorkommt (Götze, Altertümer Thü-<br />

«) ORL. II Nr. 8, 80.<br />

') Müller, Nord. Altert. 2, 55 ff. — Be-<br />

weiskräftig ist auch die Entlehnung von lat<br />

ringens S. 128).<br />

spinula (vgl. o. S.475f.) Prähist.Zeitschr.3, 199.<br />

z. B. von den Neckarsweben (AhV. 5,<br />

372.374) ; vgl.ferner Almgren S.25. 1 1 8 f. 1 44 ff.<br />

2) Almgren Fig. 67—68. 74—93, vgl.<br />

*) Der Nadelhalter wird durch eine rechteckige<br />

oder trapezförmige, zur Rast unten<br />

nach rechts umgebogene Platte gebildet<br />

Jahresschr. 8. 199 Taf. 18.<br />

3) Almgren S. 36.<br />

(Almgren Fig. 34), vgl. Taf. 32, 5. 7. 8. 9.<br />

9) z. B. Beiträge zur Gesch. d. Altmark<br />

*) Almgren S. 62ff. ORL. II Nr. 8, 71 ff.<br />

6) Almgren Fig. 242. 243 S. 109. 211.<br />

2, 272 ff.<br />

»0) Hostmann, Darzau S. 49 f.

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