29.06.2013 Aufrufe

Deutsche Altertumskunde

Deutsche Altertumskunde

Deutsche Altertumskunde

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

3. Germania. B. Kulturverhältnisse. § 77. Altersklassen. 445<br />

Schon die allgemeine Burschenschaft war militärisch organisiert ;i)<br />

zu ihr gehörten nun aber auch jene mehr oder weniger frequentierten Gefolgschaften<br />

(comitatus),-) die den Burschen in vornehmen Häusern eine<br />

besondere militärische und politische Erziehung und Ausbildung gewährten. »)<br />

Ein Gefolge konnte sich nur ein sehr reicher Mann halten ;4) der Adel<br />

(Prinzipat) wetteiferte darin, möglichst große Scharen erlesener Burschen<br />

aus der eigenen Völkerschaft an seinen Edelsitzen in dienender Stellung<br />

zu vereinigen, ö) denn in Kriegsnot war eine vielköpfige und tatkräftige Gefolgschaft<br />

eine zuverlässige Wehr^) und in Friedenszeiten hob sie das Ansehen<br />

des Gefolgsherrn und trug den Ruhm seines Namens ins Inland und<br />

ins Ausland.^) Gab es in jedem Hause Rangstufen unter den Knechten, so<br />

gewann die Rangordnung im Hofdienst erhöhte Bedeutung, Diese Laufbahn<br />

eröffnete den Gefolgsleuten die Möglichkeit, im soldatischen Wetteifer<br />

mit den Kameraden ausgezeichnet zu werden, zu erhöhter Ehrenstellung<br />

im bereicherten und vergrößerten Haushalt zu gelangen und der Person<br />

des Gefolgsherrn immer näher zu treten.**) Auf dem Reichtum dieses ihres<br />

zu gutem Teil eine Tanzgesellschaft;<br />

genauer sind wir über den von ihr jedesmal<br />

vor versammelter Gemeinde veranstalteten<br />

Schwert tanz unterrichtet (Germ. c. 24):<br />

nackte mit Schwert und Lanze bewaffnete<br />

Burschen springen verwegen scherzend und<br />

jauchzend zwischen den zum Angriff gezückten<br />

Schwert- und Lanzenspitzen ihrer<br />

Kameraden; ein hohes Vergnügen für die<br />

Zuschauer, wenn in solcher Fechtschule geübte<br />

Tänzer ihre lebensgefährliche Leistung<br />

zur freien Kunst und sichere Beherrschung<br />

ihres Körpers sie zu leichter Anmut steigerte;<br />

vgl. K. Müllenhoff, Über den Schwerttanz<br />

in den »Festgaben für G. Homeyer" (1871)<br />

S. 109 ff.; anord. hildileikr, ags. headu-,<br />

beaduläc, ahd. Hiltileih, Haduleih, Eckileih,<br />

Isanleih (ags. sweorda :^eläc, ec^a ieläc).<br />

Privater Art war das von der Jugend leiden-<br />

schaftlich wie ein ernstes Geschäft ergriffene<br />

Würfelspiel der Römer (Germ. c. 24, vgl.<br />

S. 473), bei dem der Einsatz so hoch ge-<br />

griffen wurde, daß der Spieler beim letzten<br />

entscheidenden Wurf die eigene Person verkaufte<br />

und um der Schande in der Heimat<br />

zu entgehen sich ins Ausland als Sklaven<br />

verhandeln ließ (oben S. 440).<br />

1) iiiiienta, iuuentus: collegia iuuenum;<br />

sodales, concorporales'WöLFFUNS Archiv 14,<br />

178. Usener, Vorträge und Aufsätze S. 103 ff.;<br />

vgl. z. B. in h. d. d. num. Augg. faratorem<br />

(i. e. turrim speculatoriam) exaedificauerunt<br />

suo inpendio iuniores uici hie consistentes<br />

loco sibi concesso et donato a uikanis<br />

Bedensibus (Bitburg bei Trier) CIL. XIII,<br />

1 Nr. 4131 a. 245 p. Chr. n., dazu XIII, 2, 499<br />

iuuentus paganorum {collegium) qui etiani<br />

in pace milites in excubiis adiuuabant ; collegium<br />

iuuentutis CIL. XIII, 2 Nr. 6468, 6549<br />

(vgl. fihyJa Dio 77, 13, 4), oben S.395 Anm.8.<br />

^) Der deutsche Ausdruck für comitatus ist<br />

»Gesinde " {sAvA.gasindi, and.gisithi, ags.sesip).<br />

') G. Kaufmann, Philologus 31, 490 ff.;<br />

eine ganz ähnliche Institution gab es übrigens<br />

auch bei den Galliern (Caesar 6, 15, vgl.<br />

1, 18. 7, 40).<br />

*) S. 438. Vgl. locupletissimi Germ. c. 17<br />

( = nobilitas c. 18), sie konnten sich mehrere<br />

Frauen kaufen (vgl. Caesar 1, 18). Classicus<br />

nobilitate opibusque ante alios Histor. 4, 55.<br />

^) Als »Gesinde" hießen die einzelnen<br />

Mitglieder einer Gefolgschaft anord. pegn,<br />

ags. pe^n, and. ahd. thegan (collect, githigini),<br />

mhd.dägen : griech.rf';>f»or(S.442); als Dienen-<br />

de führten sie die Bezeichnung »Schalk" (mhd.<br />

ahd. and. afries. scalc, ags. scealc, anord.<br />

skalkr, got. skalks [gaskalki avröov/.oi Kol.<br />

4, 7] > ital. scalco Küchenmeister).<br />

*) aemulatio principum, cui plurimi et<br />

acerrimi comites Germ. c. 13; vgl. delecti in<br />

der persönlichen Umgebung des Arminius<br />

(Ann. 1, 65) und bei den Sweben (Histor.<br />

3, 21); bei den Sweben und Cherusken<br />

heißen sie übrigens auch wie bei den Galliern<br />

clientes (Ann. 1, 57. 2, 45. 12, 30) oder<br />

einfach sui (Ann. 2, 15).<br />

') si numero ac uirtute comitatus eminent<br />

Germ. c. 13.<br />

*) gradus quin etiam ipse comitatus<br />

habet iudicio eins quem sectantur Germ. c. 13.<br />

Zunächst wurden innerhalb der Gefolgschaft<br />

drei Jahrgänge {adolescentuli, robustiores,<br />

iam pridem probati) unterschieden, vgl. Germ,<br />

c. 31 ; den ersten Jahrgang — bei den Chatten<br />

durch besondere Haartracht gekennzeichnet —<br />

bildeten die neu eingetretenen Rekruten (ahd.<br />

sturilinga : tirones Ahd. Gl. 1, 455; vgl.<br />

iungilinga [primus iuuentae honos Germ,<br />

c. 13]); in die nächsthöhere Stufe der ausgebildeten<br />

Mannschaft gelangte der Jungbursche,<br />

wenn er aus dem Gefecht den<br />

ersten feindlichen Schädel als Trophäe heimgebracht<br />

hat (Germ. c. 31 [parentibus]; vgl.<br />

SCHURTZ, Altersklassen S. 99), fortab gehört

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!