Deutsche Altertumskunde

2. Die Römer in Deutschland. § 57. Der Freiheitskampf der Batawer. 365
Chatten und Mattiaker auf Mainz marschierten und die Legionen eilen
mußten, ihre Garnison zu schirmen, i) Auf der 300 Kilometer langen Strecke
Xanten—Mainz tobte der Krieg und schon hatten sich die Pfälzer und
Elsässer dem Aufstand angeschlossen. *) Rom war durch innere Krisen gelähmt
und brachte so den nordischen Krieg zu ungeahntem Aufschwung.
Ciuilis mußte sich nur noch mit seinem ungetreuen Landsmann Claudius
Labeo herumschlagen, der die belgischen Völker für die römische Sache
gegen die Batawer aufgehetzt hatte. 3) Inzwischen hat sich jedoch auch die
römische Lage gebessert. Die an der helvetischen Grenze in Vindonissa
(Windisch) stehende 21. Legion erhielt Marschbefehl, mit ihr die von
Julius Briganticus, einem Neffen des Ciuilis, befehligten Gardereiter
der Hauptstadt. Sobald diese regulären Truppen^) im Elsaß und in der
Pfalz erschienen, kehrten Triboker und Nemeter zum Gehorsam zurück.
Als ihr Landsturm bei Bingen zersprengt^) und Trier eingenommen war,
verließen auch die Treverer die Fahne des Ciuilis. Er überrumpelte zwar
das Römerlager am linken Moselufer, *) wurde aber bald zum Rückzug ge-
zwungen.'') Die Ubier fielen von ihm ab — sie haben nächtlicherweile
einen seiner besten Truppenteile (Friesen und Chauchen) in Zülpich samt
der Kaserne niedergebrannt — , der Kriegsschauplatz wurde auf den Niederrhein
beschränkt, Neuß von den Römern wieder besetzt.**) Ciuilis mußte
sich nach Castra Vetera zurückziehen und von Cerealis besiegt^) den Rückzug
fortsetzen. In der Rheinniederung hat er jetzt das Stromwasser gestaut
und das Flachland überschwemmt, lo) doch die Legionen des Cerealis überwanden
dies Hindernis, ein batawischer, Deserteur verriet, wo es bei den
Batawern am schwächsten stand, und so wurden die Germanen geworfen.
Sie erhielten zwar Verstärkung aus dem Lande der Chauchen, wagten aber
nicht bei der „Stadt der Batawer" stehen zu bleiben, durchstachen den
Drususdamm, legten alles Land, was nicht überflutet war, durch Feuer öde
und rückten ins Innere ihrer Heimatinsel (Betuwe) ab. Die Mannschaft war
noch so zahlreich, daß Ciuilis an einem Tag vier Streifkorps nach batawischen
Ortschaften ausschicken und gleichzeitig die 10. Legion in Harenatium,
die 2. Legion in Batavodurum, die Kohorten in Orinnes und die Alen
in Wada ernstlich beunruhigen konnte; ein geschickt geleiteter Überfall
hatte sogar in Vetera Erfolg. Es war eine stockfinstere Nacht, als die
Germanen hier ihre Boote landeten. Ein Teil der Bemannung schlich ins
römische Lager, ein anderer Teil machte sich an die römische Flotte,
steuerte am lichten Tag auf den römischen Schiffen den grünen Rhein
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1)
^)
Histor. 4, 37.
Histor. 4, 70. — Über die Aufstands-
| troffen und dem Ciuilis nicht bloß die Treverer,
sondern auch die Nervier und Tungrer
bewegung der linksrheinischen Gallierstämme in Belgien abspenstig gemacht. Die trierischen
vgl. v. L)OMASZEWSKi,
Kaiser 2, 120 ff.
Geschichte der röm. Renegaten Classiciis und Tutor hatten zwar
bei Ciuilis ausgehahen, ihr Anhang war aber
ä) Histor. 4, 56. 66. 70. 79. auf 113 Barone herabgesunken (Histor. 5, 19);
*) KHo, Beiheft VI, 28 ff.
zugunsten des Ciuilis entwickelten ihre volle
») Mainzer Zeitschr. 1911, 15 ff.
Kraft nur noch die Cananefaten (Histor. 4. 79).
«) Histor. 4, 77. ») Histor. 2, 79; die Katastrophe von Zül-
') Der neue römische Befehlshaber, pichgemahntan den Saalbrand im Nibelungen-
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Cerealis, hat die besten Instinkte der Le- lied.
gionen wachgeruten, mit imponierender
j
») Klio, Beiheft VI, 31.
Sicherheit seine energischen Maßnahmen ge- j
^•>) Norlind, Rheindelta S. 65ff. 122 f.