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Deutsche Altertumskunde

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148 l. Prähistorische Zeit. B. Die Germanen.<br />

klinge!) für die Körperpflege reserviert (Taf. 10, 3): aus dem Schabmesser 2)<br />

ist nun ein ehernes Schermesser geworden 3) und dessen breite Klinge<br />

ist in ihrer bronzezeitlichen Grundform bis auf das moderne Rasiermesser<br />

vererbt worden.*) Auch eine Haarzange (Pinzette) zum Ausreißen ent-<br />

stellender Haare darf dem Toilettengerät schon in der älteren Bronzezeit<br />

hinzugefügt werden (Taf. 10, 4), wenn sie auch erst später in allgemeinere<br />

Aufnahme gekommen ist.^)<br />

Hat man die Haare im Gesicht nicht gern geduldet, mit dem Schermesser<br />

rasiert oder mit der Zange ausgerupft, so ist das Haupthaar auf<br />

dem Scheitel um so sorgsamer gepflegt worden; hierfür zeugen die nach<br />

altem Herkommen aus Hörn oder nunmehr nach der neuen Mode aus Bronze<br />

hergestellten Kämme (Taf. 10, 5)^) und die neumodischen Haarnadeln<br />

(Taf. 10,6), mit denen das Haar geschmückt und aufgesteckt wurde.'') Die<br />

Körperpflege war offenbar ein wichtiges Anliegen, es kommen auch feine<br />

Nadeln vor, die zum Einritzen von Tätowierornamenten (S. 112) und zum<br />

Auftragen der Farbe (Schminke) gedient haben werden (Taf. 10, 7)J) Farbstoff<br />

(Roteisenstein und eine harzförmige Masse) wurde in Gräbern gelegentlich gefunden<br />

r^) es kommt vor, daß damit selbst die Knochen im Grabe rot gefärbt,<br />

wie man bei Lebzeiten den Körper zu tätowieren pflegte, ^o) namentlich aber<br />

>) Der Griff läuft stilgemäß in einen<br />

Pferdekopf aus; das Modell ist aber sicher aus<br />

Mitteleuropa importiert (Aarboger 1909, 74 f.).<br />

*) O. Schrader, Sprachvergleichung und<br />

Urgeschichte 1», 42. 2, 112.<br />

') Später wurde die „Schere" aus zwei<br />

Schermessern gebildet und darum ist die<br />

ältere Wortform für .Schere" duale oder<br />

plurale tantum (anord. skceri, ags. sceara<br />

\t.ng\. shears], zhd.scäri, m\\A. schcere); der<br />

Singular wurde vermutlich noch in gemeingermanischer<br />

Zeit für das einfache Schermesser<br />

gebraucht.<br />

*) S.MOLLER, Urgeschichte S. 147. Nord.<br />

Bronzezeit S. 40. <strong>Altertumskunde</strong> 1, 257.<br />

Mestorf Taf. 23—24. Götze, Altertümer<br />

Thüringens S. 361. Schlemm S. 457 ff.<br />

'') Beltz, Vorgesch. Altert. S. 178 Taf. 27.<br />

SpliethS.28. Mestorf Taf. 26, 266. Müller,<br />

OrdningTaf.2,18. Aarb0gerl9O9,73f. Anord.<br />

t',>f^R> ags- tong, mnd. lange, ahd. zanga gehört<br />

wohl zu gOt. tdhjan {ajiaQdaoetv aus-<br />

reiBen).<br />

•) Montelius, Kulturgeschichte S. 95.<br />

Müller, Altertumskimde 1, 257. 267. Splieth,<br />

Inventar S. 28.<br />

Schlemm S. 267.<br />

Mestorf Fig. 287. 288.<br />

Der Kamm ist nach dieser<br />

Form benannt; er ist seit uraltcrs ausgezahnt<br />

und fo heißt denn .Kamm' in etymologischem<br />

Sinn so viel als der .Gezahnte* (anord. kambr,<br />

ags. and. camb, ahd. kamp : griech. yd/tffnc,<br />

asiav. zqbu, aind. jamhha Zahn) und hat<br />

.Zinken', d. h. .Zähne" (mhd. zinke ist<br />

Diminutiv zu mhd. zint, ags. tind, engl, tine,<br />

anord. tindr und diese Wörter sind Ablautsform<br />

zu ahd. zand Zahn).<br />

Jahresschr. 9, 51 f. 53.<br />

«) Mestorf Fig. 270. 271. Jahresschr.<br />

3, 99 f. Taf. 9. 9, 56. 58. Taf. 14. Die Tätowiernadel<br />

wird zusammen mit (goldener) Pinzette<br />

und mit Rasiermesser gefunden (z. B. Montelius,<br />

Kulturgeschichte S.94) ; in Dänemark kam<br />

man in den Besitz eines vollständigen Toiletteapparates,<br />

bestehend aus einem ringförmigen<br />

Bügel, an dem Tätowiernadel, Haarzange,<br />

Ohriöffel und Nagelreiniger aufgereiht sind<br />

(Müller, <strong>Altertumskunde</strong> 1 Fig. 130). Wie<br />

die Sache, so ist offenbar auch der ganz<br />

fremdartige Name .Pfriem", der mit dieser<br />

Tätowiernadel vom Ausland zu den Germanen<br />

gekommen sein wird, zu beurteilen<br />

(anord. prjönn, ags. preon, mnd. pren, mhd.<br />

Pfrieme; Idg. Forsch. 28, 126). Mhd. sminke<br />

hat die Nebenform smicke ( : griech. oiii'iy/ia<br />

Salbe?) und bedeutet nicht bloß eine tonige<br />

Färbmasse, sondern auch Wunde, Schmiß<br />

(got. gasmeifan, bismeitan, ags. besmitan,<br />

ahd. toAw/zflrt beschmieren : ags. smitta, mnd.<br />

smitte, mhd. smitze Fleck, Schmitze, vgl.<br />

.verschmitzt").<br />

") Schumann, Steinzeitgräber S. 11 f. 67.<br />

Nachrichten über d. Alteriumsfunde 1904, 14.<br />

25. Jaliresschr. 1, 127. Der altgermanische<br />

Name ist vermutlich in unseren Wörtern „Talg"<br />

(ags. icvi^ Farbe) und .Seife" bewahrt (aiid.<br />

seipfa, ags. anord. säpa, finn. saippio), das in<br />

der älteren Überiieferung .Harz, Pomade"<br />

bedeutet.<br />

>«) In der Zeit des Tacitus tätowierten<br />

sich die Germanen nicht mciir, aber die<br />

Sitlc halte sich bei ihren auf tieferer Stufe<br />

verharrenden Nachbarn erlialten (tincta Corpora<br />

Germ. c. 43); vgl. aucii Arch. f. Rcligionswlssensch.<br />

9, 1. 11, 157.

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