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Deutsche Altertumskunde

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3. Germania. B. Kulturverhältnisse. § 78. Markgenossenschaft. 455<br />

körperte sich die Markgenossenschaft und diese Versammlung allein ordnete<br />

die ökonomischen Befugnisse und verfügte über das Grundeigentum der<br />

Dorfschaft.<br />

Die Genossen, die in persönlicher Verbindung miteinander stehen, sofern<br />

sie in einem und demselben Dorfe nachbarlich beieinander wohnen<br />

(= Bauern), brachten der Genossenschaft später die Bezeichnung „Bauerschaft",<br />

d. h. „Nachbarschaft" ein; sofern die Genossen an dem Grundeigentum<br />

des Dorfes nutzungsberechtigt waren, heißt ihr Verband Markgenossenschaft.<br />

Dieser ebenfalls rein persönliche Verband besteht aus<br />

den Sippen bezw. den sämtlichen Hof- und Hausbesitzern eines Dorfes.<br />

Sie heißen „Genossen" (S. 165), weil sie vollkommen gleichberechtigt dasselbe<br />

Nutzungsrecht an der Gemeinde (aus ihrem Grundbesitz also auch<br />

ungefähr dasselbe Einkommen) haben. „Genosse" bedeutet soviel als „Teil-<br />

haber am Bewirtschaftungsertrag", bezieht sich auf die gemeinsame Nutznießung<br />

des gemeinen Grund und Boden ;i) nur die Fürsten, die Mitglieder<br />

des Adels, wird man als Grundherren bezeichnen dürfen, die zum Unter-<br />

schied von den gemeinfreien Genossen in ihrer Eigenwirtschaft nicht persön-<br />

lich tätig gewesen sind. 2)<br />

Was wir eine Dorfschaft 3) nennen, das ist nicht auf den Raum be-<br />

schränkt, den die Wohnstätten einnehmen, sondern erstreckt sich auf die<br />

gesamte Feldflur mit ihrem äußersten Grenzgebiet, der „Mark", die eine<br />

Dorfschaft von der benachtbarten trennte.'*) Mark ist zunächst der in Deutschland<br />

übliche Grenzsaum einer Gemeinde (S. 259 f.) und besteht vornehmlich<br />

aus Wald und Heide, Moor und Gewässer. Sofern dies Gemeindeland der<br />

Außenmarken eines Dorfs aller Männer Eigentum ist, wird es Allmende<br />

genannt;^) ihr nutzungsberechtigtes Subjekt ist die Markgemeinde oder Markgenossenschaft*^)<br />

bezw. deren Unterabteilungen (Waldgenossenschaft, ^) Weide-<br />

genossenschaft, ^) Fischereigenossenschaft^)).<br />

Die Markgenossenschaft regelte die wirtschaftliche Ausnutzung der Allmende.<br />

Wahre Allmende war das Dorfgebiet, „an dem nicht nur das Eigen-<br />

^)<br />

Wörter und Sachen 2,41.<br />

Die Versuche, die spätere Grundund<br />

Wirtschaftsgesch. 1, 120 ff.; anord. almenningr<br />

(dän. alminding) von almennr äh-<br />

geleitet (= aller Männer Genossenschaft oder<br />

die analoge afries.<br />

!<br />

[<br />

i<br />

herrschaft der Völkerwanderungszeit für<br />

die taciteische Epoche in größerem Umfang<br />

in Anspruch zu nehmen (Wittich, Die Grund-<br />

herrschaft in Nordwestdeutschland, Leipzig<br />

1896 [Anlage VI]. Die Frage der Freibauern<br />

Savigny-Zeitschr. 35, 245ff.), sind mißlungen<br />

(Brunner, Savigny-Zeitschr. 32, 99 ff. Schröder<br />

ebenda 37, 347 ff., Sering, Erbrecht<br />

S. 252 f. u. a. DoPSCH, Die Wirtschaftsentwicklung<br />

der Karolingerzeit 1 11912], 287 ff.).<br />

Seitdem Wittich (Savigny-Zeitschr. 35, 272)<br />

selbst den Eigenbetrieb auf seinen grundherrlichen<br />

Hufen zugestanden hat, ist der<br />

Streit gegenstandslos geworden und darf als<br />

ausgetragen gelten.<br />

^) SwART, Zur fries. Agrargeschichte S. 96.<br />

*) Haff, Dän. Gemeinderechte 2, 68 f.;<br />

vgl. J.Grimm, RA. 2*, 6 ff. Sehr bezeichnend<br />

ist der fries. Ausdruck hammerk (< *haim- ><br />

marka Dorfmark, Swart S. 96 f.).<br />

^) v. Below, Vierteljahrsschr. f. Sozial- |<br />

Genossenschaftseigentum);<br />

Form<br />

marchanus)<br />

; *)<br />

elmetha bezeichnet die Genossenschaft<br />

(v. Helten, Lexikologie S. 94), ebenso mhd.<br />

algemeinde, almeinde (J. Grimm, Kl. Sehr.<br />

7,296. Brunner 1», 87f.), vg\. mn± mente<br />

Swart S. 114 ff.<br />

*) Korrekter würde man sagen, die Allmende<br />

(d. h. die Genossenschaft) ist das<br />

Rechtssubjekt der Mark, denn Allmende ist<br />

seiner Herkunft nach ein Sozial-, Mark ein<br />

Territorialbegriff.<br />

') communis 5fl//M5 Brunner 1 ^,283 (über<br />

gualdus publicus vgl. Vierteljahrschr. f. Sozialund<br />

Wirtschaftsgesch. 1, 123).<br />

*) langobard. fiuwaida (communes pascuae);<br />

anord./^te^ (Dorfweide), ags. semcene<br />

IcBS (compascuus ager) : ahd. calasueo (com-<br />

Wörter und Sachen 2, 40.<br />

got. ganiutan (Fische fangen"

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