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Deutsche Altertumskunde

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234 II. Historischer Zeitraum. A. Westgermanen und Ostgermanen.<br />

her im Tal der Etsch, gelangten bis nach Oberitalien und ließen sich's wohl<br />

sein.i) Aber bei Vercelli hat auch sie am 30. Juli 101 das Verhängnis er-<br />

eilt. Ihre Führer Lugius und Boiorix fielen samt der Mannschaft, andere<br />

wie Caesorix gerieten in Gefangenschaft. *) Reste der Tiguriner sind in ihre<br />

helvetische Heimat zurückgekehrt ;3) auch von den Chimbern sind etliche<br />

heimgekommen, nachdem sie viel getan und viel erduldet hatten: pama<br />

nunc ciuitas, sed gloria ingens.*)<br />

Soweit in späterer Zeit Chimbern und Theutonen nachgewiesen werden<br />

können, sitzen sie als kleine Kantone (Syssel) im nördlichen Jütland, denn<br />

dort haften die Namen jener Völkerschaften noch bis auf den heutigen Tag.-"^)<br />

Über die Kopfzahl der Auswanderer ist Genaueres nicht bekannt. Sie<br />

wird nicht sehr hoch gewesen sein, als sie mit Weib und Kind aufbrachen; sie<br />

sind offenbar erst unterwegs zu besorgniserregender Masse angeschwollen. «)<br />

Auch die Herkunft der einzelnen Kontingente ist nicht genügend geklärt;<br />

die Teilnahme von Bojern und Helvetiern steht fest, aber den Kern bildeten<br />

Chimbern, Theutonen und Ambronen. Das waren Westgermanen aus Schleswig<br />

und Jütland, der „cimbrischen" Halbinsel (S. 230). Die Theutonen<br />

hatte Pytheas an der Westküste getroffen (S. 225 f.); 7) dazu stimmt, daß<br />

die mit ihnen verbündeten Ambronen offenbar von Amrum stammten. s)<br />

Eine weitere Bestätigung dieser Annahmen liegt in der Sage (S. 231),<br />

den Anstoß zur Auswanderung hätten gewaltige Sturmfluten gegeben, welche<br />

diese germanischen Völkerschaften zwangen, die Meeresküste zu verlassen. 9)<br />

») Bonn. Jahrb. 118, 100. Es war Winter,<br />

die Leute ließen sich die nackten Leiber vollschneien<br />

und fuhren auf ihren Schilden<br />

— als Schlitten — die steilen Schneehänge<br />

hinab (S. 1 10).<br />

») Plutarch, Marius; Orosius 5, 16. 20.<br />

Teutonorum exercitum deleiiit. Cimbros fußauit,<br />

ex üs et Teutonis iteriim triumphauit<br />

'ESSAU, Inscriptiones lat. sei. 1 Nr. 59. Vgl.<br />

auch Val. Maximus 2, 6, 11: in acie gaudio<br />

exuUabanl tamquam gloriose et feliciter<br />

uita excessmi. lamentabantur in morbo<br />

quasi turpiter et miserabititer perituri. Über<br />

den Cimber als Henker des Marius vgl.<br />

Klio 10. 185 f. —Zur Topographie vgl. die Arbeiten<br />

von Pais, Rlccrche storiche (Torino<br />

1908) S. 497 ff. und Schmidt, <strong>Deutsche</strong><br />

Stämme2.15f.— ÜbcrdiePersonennamcn vgl.<br />

MOllenhoff, da. 2, 118. Werlk im Beiheft<br />

zum 12. Bd. d. Zeitschr. f. d. Wortfursch. (1910).<br />

*) CIL. Xin.2.6f.<br />

«) Tacitus, Ocrm. c. 37; vgl. auch CIL.<br />

XI Nr. 1831.<br />

*) Plolemalot 2, 1 1 . 7. Um Aalborg herum<br />

fUdlich vom Limfjord bis Mariagerfjord liegt<br />

HimbertsittX oder Himmerland, westlich<br />

davon THythany%tt\ (< Teutoni), südlich<br />

davon fiarthetytit] {< narudes); vgl. Steen-<br />

STRUP, Danmarks Riges Historie 1. 451 f.<br />

nebst Kürte.<br />

*) Plutarch spricht von 30000 Mann,<br />

dazu groBe Scharen von Weibern undKItulcni;<br />

spiter behauptet er, es seien allein .'lUtXXJ<br />

Ambronen gewesen (dazu ein großer Wagenpark)<br />

und bei Vercelli sollen die Chimbern<br />

15000 Weiber gehabt haben, 60000 sollen<br />

gefangen genommen, doppelt so viel gefallen<br />

sein — aber das ist offenbar nichts weiter<br />

als rhetorische Stilisierung einer großen Masse.<br />

') Strabo 7, 1, 3. 2, 3 f. Mela 3, 31. 6, 54.<br />

Plinius 4, 96 f.<br />

8) MOllenhoff, DA. 2*, 114 f. Siebs,<br />

Englisch-friesische Sprache S. 14.<br />

») Florus 3, 3, 1. Anim. Marcellinus 31,<br />

5, 12. Bonn. Jahrb. 95, 35 ff. Idg. Forsch. 15,<br />

324. Caesar, Augustus, Velleius, Seneca,<br />

Plinius, Tacitus sprechen von der Kriegführung<br />

Roms gegen Chimbern und Theutonen<br />

als dem ersten Kampf gegen die Germanen;<br />

Plutarch sagt, man habe sie für germanische<br />

Stämme gehalten, Strabo nennt<br />

Chimbern und Theutonen Stammesgenossen,<br />

Bruchteile von ihnen sind auf der cimbrischen<br />

Halbinsel zurückgeblieben, oder dorthin heim-<br />

fekehrt (Mon. Ancyranum 5, 14 ff. Strabo 7,<br />

,3 ff. Velleius 2, 106. Plinius 2. 167. Tacitus,<br />

Germ. c. 37. Plolcmaios 2, 1 1 , 7. Detlefsen,<br />

Entdeckung Nachtrag S. 8 ff.) — alle diese<br />

Zeugnisse wollte MüLLENHOFF nicht gelten<br />

lassen und hat ihnen zum Trotz die Chimbern<br />

und Theutonen als Kelten ausgegeben.<br />

Wenn es bei Festus heißt (Ep. 43 M.):<br />

Cimbri linqnn gallica latroncs dicnntur (yg\.<br />

Cicero, de orat. 2, 266), so sagt Plutarch<br />

(Marius C. 11) Kliifl^ovi; ^jtoroiiä^orni f'nj/ui-<br />

»(«' i»;i\- Xi/nta

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