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Deutsche Altertumskunde

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1. Gallier und Germanen. § 46. Besiedelung der Marschen. 293<br />

Von der Eidermündung in Holstein bis zur Zuiderzee in Westfriesland<br />

zieht sich in breitem Gürtel eine mit künstlichen Wohnhügeln (Werdern,<br />

Werften oder „Terpen", d. h. Dörfern) besetzte Marschenzone, i) die in der<br />

Latenezeit als germanisches Neuland angesprochen werden muß. Um die<br />

Erstlinge dieser eigenartigen Wohnungs- und Dorfanlagen zu datieren,<br />

müssen die Ausgrabungen solcher Hügeldörfer der Marschen berücksichtigt<br />

werden. Sie haben ergeben, daß die ältesten Fundstücke der Lateneperiode<br />

angehören, 2) daß also z. B. die Besiedelung der friesischen Marschen um<br />

200 V. Chr. in Angriff genommen sein mag.»)<br />

An sprachlichen Bezeichnungen für den neuen Siedelungstyp stehen<br />

uns hallig,^) werft,^) wert (Werder)«) zur Verfügung. Es sind meist künstlich<br />

aufgeschüttete Dorfhügel, die über das Inundationsgebiet einer nicht ein-<br />

gedeichten Marsch emporragen. Das Maß für die Höhe der Hallig (Werft oder<br />

Werder) gab die Erfahrung der höchsten Meeresflut oder Stromüberschwemmung,<br />

sie wurde so hoch aufgeworfen wie etwa die späteren See- oder<br />

Flußdeiche (etwa 5 Meter über ordinäre Flut); dem Wasser zu ist die<br />

Werft steiler, während sie nach der Landseite flacher verläuft. Die ältesten<br />

(wasserburgartigen) Anlagen scheinen kleiner und niedriger gewesen zu<br />

sein als die jüngeren, die schon in größerer Entfernung von der Geest<br />

errichtet wurden; nach der Lage der Werften kann man also das Vordringen<br />

der ältesten Besiedelung von der Geest in die Marsch einigermaßen verfolgen.<br />

Nach ihrer Hauptmasse bestehen die Hügel, wie Ausgrabungen von<br />

Werften oder Terpen gelehrt haben, 7) aus aufgeschütteter Erde, das Pack-<br />

[<br />

westdeutschland. Diss. Kiel 1909. —Vereinzelt lum und Hallum; Ohrringe mit Glasperle,<br />

(z.B. auf Sylt bei Archsum) sieht man Grabhügel<br />

In der Marsch liegen.<br />

eiserne Nadeln,<br />

sonst auf dem<br />

Gürtelketten gehören<br />

archäologischen Feld<br />

wie<br />

der<br />

i<br />

1) „Marsch" heißt „Meerland" und ist Germanen mit den Latenefibeln zusammen<br />

besiedeltes (strenggenommen: eingedeichtes), (CatalogusvonLeeuwarden S.24f., von Leiden<br />

urbar gemachtes und in kulturfähigem Zu- S. 56. Verslag der Handelingen van het<br />

stand erhaltenes „Watt". Es wäre zutreffender, friesch Genootschap 1897—98 S. 11 f. mit<br />

für nicht eingedeichte Marschen den nord- Tafel).<br />

friesischen Ausdruck „Halligland" zu ge- *) Außer in Nordfriesland ist das Wort<br />

brauchen. Über die Beschaffenheit der<br />

„Marsch", über Werften und Terpen vgl.<br />

das Marschenbuch von Allmers; dazu<br />

Amch zgs.healh {ti\^.hale,haugh)btztugV,<br />

es bezeichnet eine kleine, aus dem Watten-<br />

meer aufragende, bewohnbare Insel; nachdem<br />

M. Sering, Erbrecht und Agrarverfassung in etymologischen Zusammenhang mit holm,<br />

Schleswig-Holstein S. 23. 431 ff. F. Swart, ;<br />

Zur friesischen Agrargeschichte S. 70 ff.<br />

^) Jahresbericht d. german. Philologie \<br />

1906, 202 f. I<br />

=•) A. Boeles, De friesche Terpen. Leeu- in {<br />

warden 1906(DevrijeVriesBd.20). W.Pleyte, werfstede, |<br />

Nederlandsche oudheden (Friesland). Cata- Uferdamm, |<br />

logus der meestbelangrijkevoorwerpen in het ") |<br />

Friesch Museum, Leeuwarden 1908, S. 21 ff.<br />

halde wird besonders der gegen die Wasserfläche<br />

geneigte Abhang der Erhebung zu<br />

|<br />

betonen sein.<br />

'") fries. werf hat seine nd. Entsprechung<br />

warf (and. hwarf), mnd. warf, werf,<br />

engl, wharf (ags. merehwearf)<br />

Erhöhung,<br />

Dieser Ausdruck ist gemeinwest-<br />

(vgl. anord. t/^r, ^gs. wcer, Meer):<br />

warop, mnd. werd, werder, ahd. werid,<br />

wert, werder, nhd. werder, wOrth (in<br />

germanisch j<br />

ags. j<br />

I<br />

Catalogus van het rijksmuseum van oudheden<br />

te Leiden S. 48 ff. Die westfriesischen Terpen<br />

haben Latenefibeln in allen drei Entmhd.<br />

Ortsnamen) ; die Grundbedeutung ist damm-<br />

i<br />

'<br />

'<br />

:<br />

wicklungsstufen erbracht: Frühlatenefibel von oder deichartig über Fluß (oder Moor) er-<br />

Winsum (Boeles S. 51 Taf. 1,1), Mittellatene- höhtes, gegen Überschwemmung geschütztes,<br />

fibel von Farmsum u. a. (Taf. 1, 2), Spät- bewohnbares Land (Uferland, Insel, z. B.<br />

latenefibel von Rauwerd (Taf. 1,6); den Nachklang<br />

der Hallstattperiode bilden Bronze-<br />

Elbinseln wie Finkenwärder).<br />

') Vgl. Boeles a. a. O. R. Hartmann<br />

Spiralen von Zwichum, Beetgum, Finkum, I (Über die alten Dithmarscher Würfen. Marne<br />

Hallum; Halsringe und Armringe von Ach- 1883) hat bei der Fahrstedter Wurt, auf der

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