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Deutsche Altertumskunde

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320 II- Historischer Zeitraum. A. Westgermanen und Ostgermanen.<br />

dem fehlen selbstverständlich rohe Züge nicht, denn die <strong>Deutsche</strong>n waren<br />

noch nicht verweichlicht und noch nicht verwöhnt, ihre mit dem Notwendigen<br />

sich begnügende Lebensführung schuf ihnen eine beneidenswerte<br />

Widerstandsfähigkeit, die die Gallier unter den Wirkungen des<br />

Luxus und der „Kultur" bereits eingebüßt hatten. i) In ihrem Wirtschaftsbetrieb<br />

hatten sie die Periode reiner Raubwirtschaft hinter sich, 2) denn<br />

sie rechneten schon ebenso mit den Erträgnissen ihrer Äcker und ihrer<br />

Viehzucht wie mit denen des Raubs und der Kriegsbeute. 3) Außerhalb<br />

des Hauses zeigten sie sich nicht mehr in ungenügender Bekleidung<br />

und gingen zur Winterszeit in Mantel und Pelzwerk."^) Ihre Zivilisation<br />

kam in organisierter Verwaltung und geregelter Rechtsprechung zum Aus-<br />

druck.^) Auch auf Plinius machten die Germanen des norddeutschen Tief-<br />

lands einen dürftigen Eindruck (S. 294f.), aber er erniedrigt ihre Kultur-<br />

stufe, wenn er Torf meint und terra cibos urunt sagt oder wenn er uns zu-<br />

mutet zu glauben, die Chauchen hätten überhaupt nichts anderes zu trinken<br />

gehabt als Regenwasser; Trinkwasser und vornehmlich Regenwasser hatte<br />

allerdings im quellenarmen Marschenland wie in dem heutigen Nordfriesland<br />

und Ostfriesland einen weit höheren Wert als andernorts und war eine sehr<br />

geschätzte Erfrischung, aber nicht das einzige Getränke. Plinius urteilt auch<br />

wohl zu geringschätzig über unser Vieh, denn er erinnert selbst daran, daß<br />

es nirgends so gutes Weideland gebe als in Germanien. '') Gerade über<br />

die Chauchen hat Tacitus ganz anders geurteilt, offenbar, weil er sie besser<br />

kannte.") Ähnlich wie Plinius verfährt Tacitus bei seiner Charakteristik da,<br />

wo er ungenügend unterrichtet ist. Wie heben sich schon in der Übergangszone<br />

zum Ausland die tätowierten Harier ab! Die nomadisierenden<br />

Sarmaten und die wilden Finnen^) liefern nur einen dunkeln Hintergrund,<br />

vor dem Tacitus die Kulturwelt der Germanen aufbaut: plus ibl boni mores<br />

ualent quam alibi bonae leges.<br />

Hatte Tacitus der Volkskunde besondere Aufmerksamkeit geschenkt<br />

und die Landeskunde nicht erheblich gefördert, so ergänzte ihn nach der<br />

topographischen Seite sein Zeitgenosse Marinus von Tyius. Dieser Gelehrte<br />

hatte sich um die Wende des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. bemüht,<br />

die zuverlässigsten Angaben zu bekommen. Er brachte ein überaus reiches<br />

geographisches Material für die Verbesserung der Landkarte zusammen<br />

und überlieferte es an den Mathematiker Ptolemaios, der es um 150 n. Chr.<br />

bearbeitet hat.") Die Gebirge und Flüsse hat er nach ihrer geographischen<br />

Lage und Richtung verzeichnet, die Völker des Binnenlands aufgezählt und<br />

die Küsteniinie bis zur wendischen Grenze an der Weichsel gezogen. Die<br />

{<br />

') homines feri ac barbari . . . neque<br />

confercndum esse CtaUicum cum Ciermanorum<br />

auro neque haue consuetuäincm uictus<br />

cum illa comparandam bell. (jall. 1,31; vgl.<br />

1<br />

I<br />

1<br />

») magistratus bell. gall. 6, 22. principes<br />

6, 23.<br />

") misera gens . . . non pecudem his ha-<br />

bere . . . non lacte ali . . . potus non nisi ex<br />

3, 19.6,24. imbre seruato nat. Iiist. 16,3.4. quid lau-<br />

2<br />

Raubzüge dienten hauptsächlich noch datius Oermaniae pahulis? 17, 26.<br />

etchaffung von Vieh, (letrcide und ') Germ. c. 35; cfr. Vellcius 2, 106.<br />

billigen Haut- und Landarbeitern (Sklaven). |<br />

*\ Germ. c. 43. 46.<br />

\<br />

•) neque agricuUura nee ratio atque •) Müi.i.enmoff, DA. 1». 362 f. 2*, 16.<br />

usus belli Intermittitur hQ\\. mW. ^,\.^,n. 331. 4, 50 ff. Bürger, Hrdkundc"^ S. 582 ff.<br />

*) peltes bell, gall. 4, 1. 0, 21 ; o. S. 311. von Tyrus). S. 616 ff. (Ptolcmacus).<br />

(Marinus

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