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Deutsche Altertumskunde

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1 . Nordeuropäische<br />

Urzeit. § 2. Landschaftsbilder. 37<br />

Flüssen Hochwassergefahren; die winterlichen Unterbrechungen der Schiffahrt<br />

werden immer häufiger und langwieriger, je weiter man ostwärts kommt. Die<br />

hier sich steigernde Winterkälte hemmt nicht bloß den Verkehr, sie verkürzt<br />

namentlich die Wachstumsperiode, so daß die Ernte sich verspätet und die<br />

Herbstbestellung früher als im Westen beendet sein muß. Die Verschiedenheit<br />

des Klimas 1) forderte aber auch eine andere Technik des Wohnens, dem<br />

Fachwerkbau des Westens steht das Blockhaus des Ostens noch heutigentags<br />

gegenüber. Im ganzen genommen hat die klimatische Ungunst den Bewohnern<br />

des nordöstlichen Deutschland den Wettbewerb mit glücklicher ge-<br />

stellten Ländern erschwert und nicht zur Konzentration der Bevölkerung ein-<br />

geladen. Vielmehr haben nicht ohne Grund die Ostgermanen sich zur<br />

Auswanderung entschlossen, während die westlichen Stämme ihr von Natur<br />

begünstigtes Gebiet immer weiter vergrößerten und seine Lage an offenen<br />

Meerstraßen zu größter verkehrsgeschichtlicher Bedeutung brachten. —<br />

Zu wesentlichen Teilen wird der Charakter der Landschaft nun aber<br />

auch durch den Tierbestand bedingt und zwar durch das Wild. 2)<br />

Im Zeitalter der Glazialflora lebten auf dem Boden Norddeutschlands,<br />

wie Ausgrabungen erwiesen haben, Vertreter einer arktischen Fauna (S. 29);<br />

wir wissen z. B., daß Rentiere am Brocken weideten und bis Dänemark und<br />

Schonen streiften. =*) Wahrscheinlich ist in diesem Bereich das Rentier noch<br />

in dem Zeitalter angetroffen worden, da die ersten Spuren der Menschen<br />

an primitiv bearbeiteten Gegenständen sich zu erkennen geben (sog.<br />

Rentierzeit).*)<br />

Eine jüngere Gruppe von Tieren erschien nach der Rentierzeit auf<br />

dem durch das Abschmelzen des Eises frei gewordenen Boden; denn<br />

Wanderer, wie die Menschen, sind auch die Tiere. Vielleicht kamen die<br />

ersten Vertreter einer neuen Tierwelt aus dem Osten, wohin sie sich wieder<br />

zurückgezogen haben, als die Lebensbedingungen für sie durch das ozea-<br />

nische Klima und durch den Wald sich geändert hatten. s) Jedenfalls ist es<br />

bemerkenswert, daß in den sprachlichen Bezeichnungen eine Übereinstimmung<br />

mit der baltisch-slavischen Fauna hervortritt, die, im Gegensatz zur<br />

Flora (S. 35), weit schwächer bei den Kelten belegbar ist. Einen slavischen<br />

Namen trägt das Ziesel ;6) spärlich ist in Deutschland geworden der<br />

unter uns mit dem gleichen Wort wie bei den Slaven benannte Hamster;^)<br />

!<br />

'\<br />

') Das alte deutsche Wort dafür ist *) Die Benennung des Tiers ist aus-<br />

„Wetter".<br />

2) Die Germanen haben für wildes Tier<br />

ein Sonderwort: goX. diiis, anoxA.dyr, ags.<br />

schließlich nordgermanisch : anord. hreinn<br />

> ags. hrän; von Norden ist der Name bei<br />

uns eingewandert; hd. r^« begegnet seit dem<br />

deor, afries. diar, and. dior (mnd. der, dert), 16. Jahrh.<br />

ahd. teor, tior (fera, bestia) ; vgl. ahd. wild<br />

^) Nehring S. 234.<br />

{fera),p\m.wildir,ags.wildor{BeitT.3\,88),<br />

wild, got wilpeis; ahd. swarzwiäLexBamar.<br />

20, 7 ; rötwilt Lex. Alam. 99, 2. Vogel =<br />

Wildgeflügel.<br />

3) Nehring S. 30. 166. 202. Über die<br />

«) Nehring S. 77. 176. 182. Palander<br />

S. 68; auch der Nörz (in Schlesien und<br />

Mecklenburg) ist slav. benannt.<br />

?) Nehring S. 199; das Tier kommt im<br />

Norden und im Süden nicht vor: ahd. haehemalige<br />

Verbreitung des Rentiers vgl. mustro, and. harnestra, mhd. hamster; vgl.<br />

Zeitschr. d. deutschen geologischen Gesell- abulg. chomestar (beachte für Fledermaus:<br />

Schaft 32, 728. Aarboger f. nord. oldk. 1896, ahd. fledaremiistro, ferner got. pramstei<br />

305.1903,298. Beltz, Vorgesch. Altertümer [Heuschrecke] : aslav. c/zrös^u [Käfer] ).<br />

S. 8 f. u. a.

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