Gróf Tisza István Összes Munkái 3.

Gr. Czerninnek.
Lieber freund!
318
1100.
Den 25. Mai 1915.
Wir haben uns gestern mit Burián darin geeinigt, dass Du
als Antwort auf die Mortzun'sche Anregung ihn aneifern solltest,
die Regierung raschestens dazu zu bewegen, uns die Bedingungen
ihres aktiven Eingreifens an unserer Seite mitzuteilen und als
Deine persönliche Meinung hinzufügen, dass dieselben gewiss
eine sehr ernste und wohlwollende Beurteilung unsererseits finden
werden. Die diesbezüglichen Instruktionen hast Du gewiss be-
kommen.
Ich glaube der Vorgang ist richtig, denn heute stehen wir nur
den ballon d'essai eines Ministers gegenüber und es wäre irgend-
eine, wenn auch nur prinzipielle Stellungnahme unserer Regierung
frühzeitig, bevor wir nicht einer offiziellen Anregung der rumä-
nischen Regierung gegenüberstehen. Sollte eine solche rechtzeitig
eintreffen, also bevor Ereignisse am Kriegsschauplatze eintreten,
welche uns ermöglichen, ohne Rücksicht auf Rumänien vorgehen
zu können, so werde ich gewiss dafür eintreten, dass wir bedeutende
Opfer bringen.
Natürlich können dieselben ausschliesslich die Bukowina be-
treffen. Erst neulich habe ich Dich darauf aufmerksam gemacht,
dass rund 1 Million Ungarn und 250,000 Deutsche in Siebenbürgen
leben. Diese können wir nie und nimmer den Rumänen ausliefern.
Auch geographisch und strategisch wäre der Verlust Siebenbürgens
eine solche Amputation der Monarchie, womit sie ihre Rolle als
Grossmacht im Orient ausgespielt hätte. Siebenbürgen kann uns
also nur genommen werden, wenn wir in einem Kampfe bis aufs
Messer unterliegen.
Wenn man anderseits die Bedeutungen der Bukowina nicht
mit den Masstabe der rumänischen Fantasie, sondern mit nüch-
terner, reeller Erwägung einschätzt, so ist es ein arger Fehler,
dasselbe en bagatelle zu behandeln. Die Gesamteinwohnerzahl
der Bukowina beträgt 795,000 Seelen, wovon 273,000 Rumänen.
Die fünf Bezirke (Kimpolung, Gurahumora, Szuczawa, Radautz,
Storozynetz), in welchen sie die Majorität bilden, weisen eine
Gesamtbevölkerung von 347,000 Seelen mit 210.000 Rumänen